Maidan-Aktivisten zeigen "Russen" im Käfig

Ukraine/Faschismus Eine in Kiew im April 2014 eröffnete Ausstellung warnt: »Vorsicht vor den Russen« und widerspricht allen, die nichts von Faschismus in der Ukraine sehen und wissen wollen

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Die Tageszeitung Neues Deutschland macht in der Ausgabe vom 20. Mai 2014 auf Seite 7 darauf aufmerksam: "Der ukrainische Bürgerkrieg hat nicht nur politische und militärische Dimensionen. Auch die Kultur wird zum Kriegsschauplatz. Ein makaberes Beispiel ist die im April im Kiewer Zentrum für zeitgenössische Kunst eröffnete Ausstellung »Vorsicht vor den Russen«, in der russische Menschen in Käfigen präsentiert wurden.
Die Russen-Darsteller hatten die Rolle heruntergekommener Bettler und Alkoholiker zu übernehmen, wurden in Drahtkäfigen vorgeführt. Die Darsteller trugen Sankt-Georgs-Bänder, die Käfige russische Trikoloren. Erkennbar sind Schilder, mit der Aufschrift »Bitte nicht füttern« und »Vorsicht vor den Okkupanten«. Träger dieser Aktion ist eine »ukrainische Kulturfront« von Künstlern und Maidan-Aktivisten. ..." Der Blog Moskowskii Monitor veröffentlichte Bilder aus der Ausstellung. Der russische Sender Vesti berichtete darüber am 26. April 2014. Einen weiteren Bericht veröffentlichte das ukrainische Online-Magazin LB.ua am 24. April 2014.

Hierzulande äußerte sich bisher von politischer Seite nur Wolfgang Gehrcke von der Linksfraktion im Bundestag am 21.5.14, der die "Ausstellung" kritisierte, "in der „Russen“ wie Tiere vorgestellt werden. „Füttern verboten“ steht an den Gittern der Verhöhnung. Ich erinnere mich an die Bilder, die deutsche Nazis für ihre Propaganda herstellen ließen, auf denen Jüdinnen und Juden und sowjetische Kriegsgefangene in einer Ausstellung „Bilder der Untermenschen“ präsentiert wurden. Die Opfer, die dort abgebildet waren, wurden anschließend in den Konzentrationslagern vergast. Jetzt erreichen Europa aus der Ukraine neue Bilder von angeblichen Untermenschen. Ich will diese Bilder nicht sehen und doch gehen sie nicht aus meinem Bewusstsein, denn man muss wissen, was dort abläuft. Die Bilder der Unmenschlichkeit aus Kiew erinnern mich an die Bilder der Unmenschlichkeit aus Abu Graib: Eine Gefängniswärterin triumphiert über ihre Opfer. Als diese bekannt wurden, ging ein Aufschrei um die Welt. Und heute? ..."

Gehrcke ist zuzustimmen, wenn er feststellt: "Sage keiner, er habe es nicht gewusst!" Und: "Wer wegschaut, wer darüber schweigt, macht sich mitschuldig. Das gilt auch für uns!" Der Linkspartei-Angeordnete hofft, dass die Faschisten in der ukrainischen Bevölkerung auf wenig Zustimmung stoßen. Mag sein, dass nur wenige deutlich "Ja" sagen, aber schon auf dem Maidan-Platz wurde mindestens weggeschaut, als die faschistischen Schlägertruppen das Kommando übernahmen. Darauf hat u.a. der Moskauer Soziologe Vadim Damier in einem Interview, das die anarchistische Monatszeitung Graswurzelrevolution mit ihm führte und in ihrer April-Ausgabe (GWR 388) veröffentlichte, deutlich gemacht. Während Linke aus dem Protestlager „mit Gewalt entfernt“ wurden, sei der Einfluss der Rechtsextremen in Folge der Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften wie den „Berkut“-Einheiten gewachsen. Sie waren zwar zahlenmäßig in der Minderheit, so der Soziologe, „qualitativ aber war ihre Präsenz viel bedeutender und manchmal hegemonial“. Die Protestbewegung habe nie dagegen protestiert, sondern „ihren neofaschistischen Teil tolerierend oder billigend in Kauf“ genommen. Die Neonazis wären die „erfahrensten und am besten trainierten“ unter den „Selbstverteidigungskräften“ auf dem Platz gewesen. Diese hätten „eine entscheidende Rolle beim Staatsstreich Ende Februar 2014“ gespielt. Ähnlich beschrieb es u.a. der Osteuropa-Experte Alexander Rahr in der Sendung Panorama der ARD am 6. März 2014: "Der rechte Sektor war aus meiner Sicht entscheidend für den Umsturz, weil er eine Organisation ist, die auch bereit war, in Kampfhandlungen mit den Polizisten, mit den Sicherheitskräften einzutreten. Sie waren gut organisiert, sie hatten auch immer wieder einen Plan, wie sie angriffen, wie sie sich verteidigten, so dass sie einen großen Anteil am Erfolg des Maidans gehabt haben."

S0 haben sich die Protestierenden auf dem Kiewer Maidan-Platz mitschuldig gemacht, egal welche ehrenwerten Motive sie auch protestieren ließen. Die Ausstellung in Kiew ist ein weiterer Beleg dafür, dass auch in der Ukraine gilt, was Bertolt Brecht schon 1941 in "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" feststellte: "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!"

Nachtrag vom 24. Juni 2014:
Poroschenko-Berater nennt Aufständische "Affen mit Handgranaten"
"Russland verhindert die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und EU mit allen ihm zugänglichen Mitteln und versucht, Druck auf die Staatsführung auszuüben. Dies schreibt Berater des ukrainischen Staatspräsidenten Juri Luzenko auf Facebook.
„Das Scheitern der Unterzeichnung der Vereinbarung mit der EU ist die Hauptdirektive für Verhandlungsteilnehmer seitens des Kremls (beim Treffen in Donezk am 23. Juni – Anm. d. Red). Deswegen haben Medwedtschuk und die Affen mit Handgranaten aus der „Donerzker Volksrepublik“ und „Luhansker Volksrepublik“ die Waffenruhe bis zum 27. Juni verkündet. Das ist eine Erpressung“, betonte der Politiker.
(Ukrinform, 24.6.14)

ergänzt am 24.6.14

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Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

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