Steinbrück– Ritter von der traurigen Gestalt

Australische Sicht: Australier sind bekanntlich gebildet. Darum fällt mir zu Steinbrück nicht politisches Gemeckere, sondern Don Quichotte und sein Diener, troubleshooter Sancho Panso ein.

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Ist deshalb der Untergang des Ritters Steinbrück unvermeidlich? Nein!! Von Australien lernen, heisst Siegen lernen!

Aber der Reihe nach.

Können Sie meine Vision verstehen? Steinbrück reitet den Klepper SPD (oder ist es schon eine Schindmähre?) und stürzt sich in verbale Abenteuer (“Frau Bundeskanzlerin, Sie haben Ihren Amtseid verletzt!”), die die Berliner Fürstin und ihre Schranzen herzlich amüsieren. Der kleine dicke Sancho Gabriel auf dem Esel Parteizentrale muss seinen Don immer wieder aus der Bredouille reden. So gehts schon seit mehreren Kapiteln. Langweilig.

Dabei ist das ganze Theater unnötig. Don Steinbrück hat die Dame Dulcinea, der sein literarisches Alterego zwei Bände lang hinterher gallopierte, längst gefunden. Vor der versammelten Journaille hat ihm seine Dulcinea neulich das Händchen gestreichelt, bis dem Don die Tränen kamen. Einfach rührend. Doch will man so einen als Kanzler? Einen, der zu den EU-Nachtsitzungen die Ehefrau zum Händchen halten mitbringen muss? Nee. So einen nicht. Dann schicken wir lieber die Mutter mit dem treudoofen Blick. Die hat schliesslich nicht nur die Locken faustdick hinter den Ohren hat.

Wer hat eigentlich den Cervantes zum Wahlkampfmanager der SPD gemacht? Wer hat diesen Don zum Vorreiter der Partei in den Sattel gehoben? War's dieser hochbetagter Raucher im Rollstuhl, der meinte, dass der Don es kann. Wer mit neunzig immer noch Mentholzigaretten raucht, der muss einfach Recht haben, werden die im Partei-Granden wohl gedacht haben.

Und schon sass der Steinbrück aufm Pferd und der Gabriel aufm Esel. Und los gings. Immer in die falsche Richtung, nach dem Script von Cervantes.

Soweit so lächerlich. Was tun? fragt Lenin mal wieder.

Die Antwort ist klar (wie immer): Von Australien lernen, heisst siegen lernen!

Wir hatten hier in downunder nämlich auch son Fall.

Bei uns sass die Labour-Premier-Ministerin Julia Guillard drei Jahre lang auf dem Gaul. Auf der unten offenen Beliebtheitsskala lag sie bei ca. minus sechsundzwanzig. Die best gehasste Regierungschefin der westlichen Welt. Tony Abbot, der konservative Oppositonsführer mit gefühlten minus 22, war aber auch kein Liebling der Massen. Dennoch, die Wahl jetzt im September hätte Tony haushoch gewonnen. Er freute sich seit Monaten wie ein Breitmaulfrosch.

Dann plötzlich der Aufstand.

Ehe wir Labour-Granden unsere Wahlkreise einbüssen, dachten sie sich, treten wir doch lieber die Hohe Frau aus dem Amt und heben einen der unseren auf den Thron. Nach etwas hin und her, und Spannung, Drama, Wahnsinn in Australien, am 26. Juni 2013, 19.10, kam die erlösende Nachricht: Sie is weg und Kevin is wieder da. Der war nämlich ihr Vorgänger. Jetzt ist er auch ihr Nachfolger.

Die Umfrageheinis hingen sich gleich ans Telefon.

Was halten Sie denn von unserem neuen Premierminister?

Haben wir wieder einen neuen, Tony vielleicht?

Nein Kevin.

Ach der. Naja, ist ok. Kevin kann doch Chinesisch, oder?

Abgehängt. Nächster Anruf.

Das demoskopische Ergebnis: Kevin und Tony sind beinah gleichauf in der Wählergunst. Advantage Tony, aber nur noch mit spitzem Mund.

Tja, geht sowas auch in old Germany? Warum eigentlich nicht? Zugegeben, in Australien gibts mehr und groessere Wüsten, in die man Leute schicken kann.

Hier nennt man das den Outback. Diese Gegend härten uns aber auch ab. Das merkt man schon im Sport. Beim Australian Football wird auch hier unten mitgebrüllt und mitgesungen. Aber sonst geht's geht's schon anders zu, als bei den verweichlichten Germans in ihren geheizten Fussballarenen. Da wird doch sofort abgepfiffen, wenn einer der Jungs auf Rasen auch nur das Gesicht verziehen. In Australien muss der Rasen mit Blut getränkt werden, sonst wollen die Zuschauer das Eintrittsgeld zurueck.

Das nur mal als Zwischenruf.

Um der deutschen Gefühligkeit also nicht auf den Schlips zu treten (irgendwas stimmt nicht an diesem Bild. Egal. Weiter.), darf man den Steinbrück wohl nicht wie Julia vom Pferd treten, sondern muss ihm aus dem Sattel helfen. Schlaganfall vielleicht? Ein Platzeck-Remake? Vielleicht besser nur ein Nerven-Tütelüt. Dann muss er auch nicht ins outback, sondern kann zu seiner Dulcinea nach Hause. Soweit so gut. Aber dann?

Wer soll das alte Schlachtross SPD danach wieder bewegen?

Die Position Spitzenkandidat ist zwar im Grundgesetz nicht vorgesehen, aber man kann auch nicht den ganzen Tag mit dem Grundgesetz unterm Arm rumlaufen, gell Angelasche?

Man koennte, wie in Australien, den Vorgänger re-engagieren? Gerhard oder gleich den populären Hochbetagten? Wenn der im Kabinett rauchen darf, überlegt er sichs bestimmt nochmal.

Aber mal im Ernst. Hat die Alte Tante SPD wirklich keinen Jüngling, keine handfeste Dame, die die Ost-Trutsche ums Brandenburger Tor jagen kann?

Sollen wir euch vielleicht Julia borgen? Die hat noch einige Wahlkampftermine frei. Und bis die Deutschen sie auch nicht mehr mögen, ist die Wahl längst vorbei. In Brüssel räumt die auf bis das Blut spritzt, das ist nicht zu viel versprochen. Wie wärs Leute, soll ich Julia mal anrufen?

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Geschrieben von

Aussie42

Mauerberliner(West) bis 1996, 10 Jahre meditieren in Indien bis 2010, jetzt in Australien. Deutschland weit weg.

Aussie42

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