Schweigen ist Gold

Doppelmoral Kaum jemand glaubt noch an Treue. Aber nur wenige können über ihre Affären reden. Warum ist das so, fragen sich Andrea Roedig und Jana Hensel in einer Art Textgespräch
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Schweigen ist Gold

Illustration: André Gottschalk für der Freitag

Ich sitze in gut gemischter Runde in einer Kneipe in Wien. Zwei Paare und ein Mann und eine Frau, deren Partner jeweils daheim geblieben sind. Das Essen ist aufgetragen, die Unterhaltung plätschert freundlich. Ich denke, ich probier’s mal und frage: „Was haltet ihr eigentlich von Monogamie?“ Schweigen. Ich sehe Augen sich weiten, wieder verengen. Es vergehen einige Sekunden, bevor Cathy das Eis bricht.

„Ah, that’s too complicated.“ Cathy, die coole Braut, stammt eigentlich aus San Francisco. Dann geht das allgemeine Gespräch weiter, als wäre nichts gewesen. Über die Wahlschlappe der Rechten in Kärnten, über Ulrich Seidls neueste filmische Geschmacklosigkeiten und die besten Hirschwürste in Wien. Mein Thema ist abgewehrt.