Woody Allen hat einmal eine Geschichte erzählt. Ihr Held heißt Sandor Needleman. Er fällt im Konzerthaus eines Tages aus dem Ersten Rang in den Orchestergraben. Damit niemand denkt, dies sei ein Versehen gewesen, stürzt er sich von nun an regelmäßig in die Tiefe. Trotz heftiger Verletzungen.
Peer Steinbrück ist dieser Sandor Needleman. Immer wieder springt er in die Tiefen des medialen Orchesters, immer wieder zieht er sich schwere Blessuren zu. Warum hat Steinbrück der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gesagt, dass Bundeskanzler zu wenig verdienen? Dass ihr Gehalt im Vergleich zu Leistung und Verantwortung zu niedrig sei? Was schwebt ihm da vor? Zweistellige Millionenbeträge? Was ist sein Maßstab? Die Banken und die DAX-Konzerne?
Eigentlich ein erwachsener Mann
Wenn Peer Steinbrück der Kandidat der SPD im Bundestagswahlkampf ist, dann ist er der einzige, der Angela Merkel ablösen kann. Es gibt keinen anderen. Wir können uns nicht den Luxus erlauben, Steinbrück zu ignorieren oder ihn zu verdammen. Wir müssen versuchen, ihn zu verstehen. Es kann sein, dass er seinen politischen Selbstmord auf Raten für einen Akt der Unabhängigkeit hält und dass er auf den Respekt des Wählers hofft. Wenn das so wäre, Steinbrück würde irren. Trotz ist nie ein Zeichen von Stärke.
Steinbrück ist ein erwachsener Mann. Aber er verhält sich wie ein trotziges Kind. Auch als Kandidat werde er sich nicht verbiegen lassen, hat er oft genug wiederholt. Und nun will er es beweisen, indem er sich nicht wie ein Kandidat verhält. Gibt es in der Parteizentrale niemanden, der ihm sagen kann, dass er den falschen Posten hat, wenn er narzisstische Volten schlagen will?
Bis hierhin hätte sich Angela Merkel keinen besseren Gegner als Steinbrück wünschen können. Der Kandidat ist so mit sich selbst beschäftigt, dass das Publikum jedem neuen Auftritt mit fasziniertem Voyeurismus beiwohnt. Was macht er als nächstes? In welchen Fettnapf wird er sich werfen? Die Umfragen haben schon festgestellt, dass die kluge Hannelore Kraft den Kandidaten an Beliebtheit überholt hat. Kraft hat von Merkel das Warten gelernt und das Schweigen.
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