Albig hat recht

Verkehr Die Pkw-Maut ist der einzig gangbare Weg, um die deutsche Infrastruktur in Stand zu halten. Alle anderen Möglichkeiten hat die Regierung ausgeschlossen
Ausgabe 17/2014

Neue Freunde hat sich Torsten Albig (SPD) nicht gemacht, als er etwas verklausuliert eine Pkw-Maut von 100 Euro pro Jahr forderte. Parteichef Sigmar Gabriel fuhr dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein gar aus China über den Mund, um die Diskussion abzuwürgen. Nur wenige Themen erregen die Volksseele in der „Freie-Fahrt-für-Freie-Bürger“-Republik Deutschland so sehr, wie die Kosten des Autofahrens.

Im Geschimpfe geht allerdings unter: Albig hat recht. Die deutsche Verkehrsinfrastruktur ist in miserablem Zustand. Um sie in Stand zu halten, bedarf es jährlich zusätzlicher Investitionen von 6,5 Milliarden Euro, wie das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW ausgerechnet hat. Viel mehr als die fünf Milliarden, die die Koalition bis 2017 mehr ausgeben will. Da ergibt es Sinn, die Autobahn-Nutzer auch an den Kosten der Instandhaltung zu beteiligen. Bei jedem anderen Verkehrsweg ist das selbstverständlich. Warum sollte das auf dem Asphalt anders sein? Maut-Kritiker führen die Kfz-Steuer an, mit der sich Autofahrer doch an den Infrastruktur-Kosten beteiligten. Zweckgebundene Steuern kennt das deutsche Steuerrecht aber nicht – zumal durch die Kfz-Steuer weit weniger eingenommen wird, als nötig wäre, um die Straßen in Schuss zu halten.

Alternativlos

Woher sonst also soll das Geld kommen? Die geplante Pkw-Maut für ausländische Fahrzeughalter brächte nur einen Bruchteil – wenn sie überhaupt eingeführt wird. Auch die Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen bringt kaum etwas ein. Neue Schulden will die Regierung auch nicht machen, schließlich ist der erste ausgeglichene Haushalt seit den 60er Jahren in greifbarer Nähe. Es bleiben Steuererhöhungen, doch die hat die Große Koalition ausgeschlossen – und mit der Forderung, dieses Versprechen zu brechen, macht man sich noch unbeliebter als mit der nach einer Vignette.

Die Regierung hat sich also in einer Ecke manövriert, aus der sie nicht so einfach wieder herauskommen wird. Wenn sie Albigs Mautvorschlag jetzt ohne Diskussion zur Seite wischt, muss sie erklären, wie sonst sie die Finanzierungslücke für die Infrastruktur schließen will. Bislang hört man da nur dröhnendes Schweigen.

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Geschrieben von

Julian Heißler

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