Guo Shengkun zu Chinas politischer Sicherheit

Harte Schläge. Der Überschrift nach befasst sich Guo Shengkun, Chinas Sicherheitsminister, mit Terrorismusbekämpfung. Tatsächlich geht es um weitaus umfassendere Konzepte.

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Auf der Höhe der Zeit präsentiert sich Guo Shengkun, seit Dezember 2012 Minister für öffentliche Sicherheit in China. Mit Bezug auf Ausführungen von Partei- und Staatschef Xi Jinping im November vorigen Jahres betont Guo eine Übereinstimmung von Volk und Partei in ihrem Willen zu gesellschaftlicher Stabilität, Frieden und Wohlstand. Zu beachten seien unter anderem die Wahrung des Sozialismus mit chinesischen Besonderheiten, die Maximierung harmonischer Faktoren (darunter auch richterliche Korrektheit, verwaltungstechnische Fairness und Gerechtigkeit usw.), sowie eine eine wissenschaftliche, dialektische Methodik bei der Behandlung von Sicherheitsproblemen für die Staatsmacht, oder Herausforderungen der Führungsrolle der Partei.

Konkrete terroristische Vorgänge nennt er nicht. Allerdings drängen sich gedankliche Verbindungen zu Anschlägen wie dem Ende Oktober auf dem Platz des Himmlischen Friedens auf.

Politische Sicherheit, Sicherheit der Staatsmacht, Dinge, welche die Rolle der Partei als herrschende Partei betreffen, sowie Dinge, welche die nationalen Kerninteressen betreffen. Genosse Xi Jinping weist darauf hin, dass der Sozialismus mit chinesischen Besonderheiten unerschütterlich zu entwickeln und voranzubringen ist, dass sicherzustellen ist, dass die roten Flüsse und Berge [des sozialistischen Chinas], für die vorangegangene Generationen ihr Blut vergossen, niemals ihre Farben verändern, und dass die Partei unangreifbar bleibt. Genosse Xi Jinping hat hervorgehoben, dass hinsichtlich der Führung Chinas durch die Kommunistische Partei, dem sozialistischen System unseres Landes, seinem Entwicklungsweg, seinem politischen System usw. keine Unsicherheiten und keine Unklarheiten gibt. Für die Diktatur des Volkes sind Organe der öffentlichen Sicherheit wichtige Werkzeuge, und die Arbeit der öffentlichen Sicherheit ist eine wichtige Arbeit zur Festigung der Staatsmacht. Alle Ebenen der Organe für die öffentliche Sicherheit müssen ihr Sicherheitsverständnis festigen und errichten, die Wahrung der nationalen politischen Sicherheit und Sicherheit der Staatsmacht stets als oberste Priorität behandeln, ihre Schachzüge klug entscheiden, die Initiative ergreifen, mit konkreten Maßnahmen entschieden die Führung der KP Chinas verteidigen, die demokratische Diktatur des Volkes sowie das sozialistische System mit chinesischen Besonderheiten verteidigen.

Die politische Sensibilität und Unterscheidungsfähigkeit sind zu stärken, zum Nutzen einer strategischen Kontrolle, der Urteilsfähigkeit und zur Untersuchung von Problemen aus politischer Perspektive, zum Nutzen der Analyse, der entschiedenen Abwehr der ideologischen Infiltration durch westliche anti-chinesische Kräfte und zum Nutzen von gesetzeskonformen Schlägen gegen zerstörerische Aktivitäten feindlicher Kräfte im In- und Ausland, zur Wahrung politischer Sicherheit und der Sicherheit der Staatsmacht. [...]

Bei gesetzeskonformen Schlägen gegen zerstörerische Aktivitäten feindlicher Kräfte im In- und Ausland kann es sich erfahrungsgemäß um sehr unterschiedliche Maßnahmen handeln, von solchen, die von ausländischen Regierungen durchaus toleriert oder sogar ermutigt werden, bis hin zur Observierung von Regimekritikern im Ausland, die dort keineswegs als gesetzeskonform betrachtet werden.

Im weiteren geht Guo auch auf die Internetüberwachung ein. Danach geht sein Beitrag zu noch weniger konkreten Ausführungen über, wobei die Häufigkeit, mit der bestimmte bereits verwendete Stichwörter erneut auftreten, nicht unwichtig sein dürften.

Guos Artikel lässt sich dahingehend zusammenfassend, dass chinesische Staatsorgane und Gerichte berechenbarer werden sollen, und dass gleichzeitig politischer Widerspruch aller Art - weiterhin - sehr schnell als "anti-chinesisch" eingeordnet werden kann. Wenn mehr Berechenbarkeit des Staates für die Bürger also überhaupt erreichbar sein sollten - und damit sind Korruptionsbekämpfung und Willkür gleichermaßen gemeint -, dann gilt das im Alltag. Politische Betätigung außerhalb der von der KP Chinas vorgesehenen Bereiche bleibt risikobeladen. Hier sichert sich die Staatssicherheit jede Menge "Beinfreiheit". Im Falle des Gelingens einer solchen Linie wäre zumindest eine außerordentlich wirtschaftsfreundliche Entwicklung Chinas nicht auszuschließen.

Von Interesse ist allerdings in Guos Artikel auch die Wiederholung des "Ahornbrückenmotivs", das schon in den vorigen Monaten erneut in Erscheinung trat. Erneut, weil schon in den 1960er Jahren ein Minister für öffentliche Sicherheit auf die "Ahornbrücken-Erfahrungen" Bezug genommen hatte. Von Belang war das seinerzeit im maoistisch inspirierten Klassenkampf gewesen - hier eine kritische Bewertung der neuerlichen Ahornbrückenmotivik, diesmal im 21. Jahrhundert.

Dabei erscheint es jedoch äußerst fraglich, ob Chinas Führung an einem echten Klassenkampf interessiert wäre - die Wahrscheinlichkeit, als nicht gerade schlechtgestellte Mitglieder der Gesellschaft als erste unter die revolutionären Räder zu geraten, dürfte für die Führung allzu groß sein. Dass allerdings ein "politisches Sicherheitsbewusstsein" auch in der Bevölkerung verankert werden soll, erscheint wahrscheinlich.

Generell lässt sich eine Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit beim Ministerium für öffentliche Sicherheit beobachten, die schon mit Guos Vorgänger, Meng Jianzhu, begann. Eine Pressemitteilung des Ministeriums im August 2012 über eine angolanisch-chinesische Ermittlungs- und Verhaftungszusammenarbeit wurde von manchen staatsnahen oder staatlichen Publikationen als eigene Meldung dargestellt, während staatsfernere oder privatwirtschaftliche Medien ausdrücklich das Ministerium als Quelle nannten.

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