An einem Sonntag in Slovjansk

Ukraine Der Frühling erobert Deutschland, nächste Woche gedenken wir der Kreuzigung Christi und vor der Haustür entzündet sich ein Krieg?

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Nun, wir werden sehen, als was der 13. April 2014 in die Geschichte eingehen wird. Als ein Tag an dem eine begrenzte polizeiliche Aktion in einer ukrainischen Großstadt stattfand. Als der Tag von dem an der ukrainische Bürgerkrieg nicht mehr aufzuhalten war. Oder als der Tag an dem etwas noch Schlimmeres begann.

Heute und in der Folge ist - um dieses noch Schlimmere auszuschließen - zu hoffen, dass Russland sich jetzt sowie auf Dauer nicht dazu hinreißen lässt, in die Ukraine einzumarschieren. Zu hoffen, dass es in Russland keine Kräfte gibt, die ihre Landsleute jenseits der Grenze mit Geld, Waffen und Freiwilligen unterstützen, ist illusorisch. Die russische Regierung kann aus ethnischen Gründen kein Interesse daran haben, derlei Aktivitäten (vollständig) zu unterbinden. Außerdem würde es ihre Möglichkeiten übersteigen. (Es wird genügend mafiöse Strukturen geben, die hier bereits Geschäfte wittern.)

Es wird gegebenenfalls abzuwarten sein, inwieweit die Scharfmacher im Westen diesen Umstand instrumentalisieren, um über Sanktionen hinaus gegen Russland vorzugehen. Wird man uns von der Notwendigkeit einer Flugverbotszone bis nach Kursk, Wolgograd und Rostow zu überzeugen suchen um eine ostukrainsche Bürgerkriegspartei von Nachschub abzuschneiden? Wenn ja, wer wird sich einbilden sie durchsetzen zu können, so ähnlich wie Israel in Syrien (wenn es um Waffen für die Hisbollah geht)? Was wenn Russland eine Flugverbotszone im eigen Land nicht respektiert und einen NATO-Jet vom Himmel holt? - Es ist noch nicht Sommer. Die zurückliegenden Weltkriege haben beide in der heißen Jahreszeit begonnen….

Wie schlimm es auch wird, der ukrainischen Bevölkerung droht größeres Leid als unter Janukowytsch. (Die EU hätte sein Nein zum Assoziierungabkommen im November letzten Jahres akzeptieren sollen.) Während viele in der Westukraine kommendes Leid mit einem Mehr an Freiheit aufwiegen mögen, scheint für viele Ostukrainer eine Sicherung ihrer Rechte die Motivation dafür zu sein, zu den Waffen zu greifen.

Es ist nicht auszuschließen, dass die russischstämmige Bevölkerung vor allem dort den Folgen eines eskalierten Konfliktes in Form von Repressalien ausgesetzt sein wird, wo sie in der Minderheit ist. Wenn die Streitkräfte der Übergangsregierung erste Niederlagen zu verkraften haben, kann es sein, dass ein faschistischer Mob seinen Frust darüber an der russischen Minderheit in der Westukraine auslässt. In der Folge kann es zu ethnischen Segregationen kommen, bei denen die jeweiligen Minderheiten vertrieben werden. Und das bei einer Einwohnerzahl die fast doppelt so groß ist, wie die des vor mehr als 20 Jahren verfallenen Jugoslawiens. Wieviel ukranische Asylbewerber wird die EU als Folge ihrer mit der Brechstange betriebenen Ukrainepolitik bereit sein, aufzunehmen?

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