Leben, simuliert

Zwischenruf Merken sie es nicht?

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"Wissenschaftler haben ein Medikament entwickelt, das alle positiven Effekte eines Rauschs auslösen kann – aber ohne Gesundheitsrisiken, Suchtgefahr und vor allem: ohne Kater am nächsten Tag", jubelt die "Huffington Post".

So soll es funktionieren: "Das Medikament wirkt auf das Gehirn, und verursacht dort die leichte Benommenheit, die viele Menschen beim Trinken als angenehm empfinden. Durch Einnahme eines Gegenmittels lässt sich die Wirkung aber sofort abstellen, sodass der Konsument völlig klar im Kopf ist und Auto fahren oder arbeiten kann."

Und weil jemand die frohe Botschaft überbingen muss, wird der (britische) "ehemalige Regierungsberater David Nutt" zitiert, "dass das neue Medikament eine Alternative zu Alkohol werden könnte, so wie die E-Zigarette die normalen Zigaretten verdrängt".

Leute, Ihr könnt Genuss nicht dadurch ersetzen, dass Ihr ihn simuliert. Ihr müsst ihn übrigens auch gar nicht ersetzen. Es sei denn, Ihr wollt den funktionierenden, kontrollierbaren, vor allem kommunikationssedierten Staatsbürger, dem es genügt, daheim auf der Couch fettreduzierte Chips mit zuckerneutraler Coke runterzuspülen, derweil er am Computer rezeptfrei Interaktion nachspielt, um am nächsten Morgen "völlig klar im Kopf" arbeiten zu können. Zumindest Auto zu fahren.

Genügt? Dann sollte mal endlich jemand die Gesellschafts-Simulation updaten. Nicht, dass da noch was abstürzt. Und dann alles weg ist.

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Geschrieben von

kay.kloetzer

Kulturtante in Leipzig.

kay.kloetzer

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