CSU, ZDF und das Grundgesetz

Söders Kontrolle Hauptsache, die Kontakte sind gut oder warum das Ja zur Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unmöglich als Nein zur Staatsnähe verstanden werden darf

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist staatsfern. Seine Redaktionen arbeiten unabhängig. Kriterien für die Einsetzung von Intendanten, Chefredakteurenund Redaktionsleitern sind Führungskompetenz und berufliches Können. Man steigt nicht auf, weil man mit der Politik vernetzt wäre. Das kann man mal so festhalten.

Gut, ein bisschen vernetzt sein muss man natürlich. Wer keine Kontakte in die Politik pflegt, wird nicht in einer öffentlich-rechtlichen Anstalt arbeiten dürfen. Zu deren Aufgaben gehört es, neutral Öffentlichkeit über politische Vorgänge herzustellen und objektiv zur Meinungsbildung beizutragen. Ein paar Leute, die an den politischen Vorgängen beteiligt sind, sollte man daher schon kennen. Nicht viele. Aber zuwenige dürfen es auch nicht sein.

Hauptsache, die Kontakte sind gut. Jetzt nicht gut im Sinn von saufengehen, aber auch nicht schlecht im Sinn von Funkstille. Man kann vielleichtsagen: Ab und zu ein persönliches Hintergrundgespräch ist in Ordnung.Und wenn es dann mal zwei oder drei Flaschen werden, was aber nicht vorkommt, dann muss man die Kirche auch mal im Dorf lassen. Es darf nur keine Beeinflussung geben.

Unzulässige Einflussnahme

Wobei keine Beeinflussung nicht heißen darf, dass man sich nicht anhört, was das Gegenüber zu sagen hat. Selbstverständlich darf ein Politiker, wenn seine Partei das Opfer einer Fehleinschätzung ist, eine Korrektur verlangen. Entscheidend ist nur, dass man den Versuch einer unzulässigen Einflussnahme als solchen erkennen würde. Wenn einer stattfände.

Wenn man – nur als Beispiel, weil ein solcher Fall gerade aufgebauscht wurde – als Rundfunkangestellter vom Generalsekretär einer Partei einen Briefbekommt, in dem dieser nun sachlich und im Rahmen der Ausübung seiner Kontrollpflichten als unabhängiges Mitglied im Fernsehrat darauf hinweist, dass Vertreter seiner Partei nicht ausführlich genug zitiert werden – dann müsste man sich eine Einflussnahme verbitten. Es sei denn, die Kritik träfe zu. Dann muss man, ethisch betrachtet, in den sauren Apfel beißen. Kann man ja auch mal machen – unauffällig reinbeißen.

Zentral wäre bei diesem Beispiel nur, dass man trennt: Kommt so eine Kritik, wenn sie denn käme, von einem Parteivertreter? Oder spricht da nicht eher das Fernsehratsmitglied? Wäre letzteres der Fall, müsste man dessen Anregungen sehr ernst nehmen, denn der Fernsehrat ist ein Gremium. Täte man so, als wäre dieses irrelevant, würde man die strukturelle Verfasstheit des eigenen Arbeitgebers infrage stellen. Das geht nicht.

Rundfunkgremien sind keine Kinderspielplätze, sie erfüllen wichtige Aufgaben für Paragraph 5.1, Satz 2 und 3 des deutschen Grundgesetzes, weshalb sie auch mit Fachleuten besetzt sind. Wenn ich Chefredakteur oder Intendant werden will, prüfen sie etwa: Was kann, was vertrete ich? Habe ich mich früher politisch betätigt, und wenn ja, für welche Partei? Würde das niemand prüfen, unterlägen die Öffentlich-Rechtlichen unkontrollierbaren Einflüssen. Die Gremien kontrollieren diese Einflüsse. So wird – quod erat demonstrandum – die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleistet. Das ist gut so. Wobei natürlich klar ist, dass man das Ja zur Staatsferne nicht als kategorisches Nein zur Staatsnähe verstehen darf. Ein solches wäre für unsere real existierende Demokratie ein fatales Signal.

Klaus Raab ist geistig so unabhängig, dass er sich für diesen Text von Peter Lichts Die Geschichte meiner Einschätzung am Anfang des dritten Jahrtausends inspirieren ließ. Aber nur minimal

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