Hidden Track?

Gotteskrieger Die Linksjugend hat Xavier Naidoo wegen seiner homophoben und gewaltverherrlichenden Texte angezeigt. Man hätte das schon vor zehn Jahren tun können
Hidden Track?

Foto: Albumcover "Gespaltene Persönlichkeit"

Was für einer schöner Tag für all die verkrampften Menschen dieses Landes. Xavier Naidoo, der Soulpopper mit der quengelnden Stimme, der den Deutschen schon so schöne Momente beschert hat, erst in der Umkleidekabine und dann am Brandenburger Tor als Taktgeber des "unverkrampften Patriotismus", Balladenschreiber einer gefühligen Nation, diesen Xavier Naidoo hat die Linksjugend jetzt wegen Volksverhetzung und Aufruf zur Körperverletzung angezeigt, endlich.

Denn auf der neuen CD Gespaltenen Persönlichkeit singen Naidoo und sein Sidekick Kool Savas folgende Zeilen, 40 Sekunden nachdem die letzten Klänge des Lieds vom Leben verstummt sind:

„Ich schneid euch jetzt mal die Arme und die Beine ab, und dann ficke ich euch in den Arsch, so wie ihr es mit den Kleinen macht. Ich bin nur traurig und nicht wütend. Trotzdem würde ich euch töten. Ihr tötet Kinder und Föten und ich zerquetsch euch die Klöten. Ihr habt einfach keine Größe und eure kleinen Schwänze nicht im Griff. Warum liebst du keine Möse, weil jeder Mensch doch aus einer ist? Wo sind unsere Helfer, unsere starken Männer, wo sind unsere Führer, wo sind sie jetzt?“

Gewaltverherrlichung und Homophobie – der hidden track gegen Kindesmissbrauch offenbare Naidoos "verquere Weltsicht" und müsse von Album entfernt werden, fordert die Linksjugend.

Zu diesen Vorwürfen geäußert hat sich bisher nur Kool Savas via Twitter: "Die linksjugend hat einfach mal alles aus dem Zusammengang gerissen um möglichst viel Aufmerksamkeit zu erzeugen." Wenn das so wäre, möchte man von Zusammenhängen am liebsten gar nichts mehr wissen (mittlerweile hat er die Tweets wieder gelöscht, aber hier sind sie noch).

Nichts Neues

Naidoo zumindest müsste als Wiedergutmachung nicht nur sein Lied, sondern gleiche seine gesamte Karriere mit–entfernen. Denn diese Töne sind nichts Neues. Hinter seinem vermeintlich christlichen Popschwulst steckte schon immer die Verteidigung eines "gottgewollten", heterosexuellen Patriarchats, notfalls mit Gewalt: "Alle Männer müssen kämpfen", sang er schon 2002, währenddessen die Frau zu Hause mit dem Kind beipflichtet: "Ich warte hier, bis du wiederkehrst". Martin Büsser hat das alles vor zehn Jahren schon aufgeschrieben. Man lese nur seinen Text und schaue sich dieses Video an, in dem Naidoo sein zukünftiges "Fleisch und Blut" gegen alle fremden Einflüsse (vor allem gegen die Zahl '68 und die Börse) verteidigen will, schon damals unter Androhung von Gewalt:

"Wenn ich schon Kinder hätte, müsste ich euch bedrohen. Wenn ich schon Kinder hätte, könntet ihr nicht sicher wohnen … noch steh ich hier allein, doch wenn sich das ändert, fällt mir das alles wieder ein".

Er hat es nie vergessen. Und anscheinend hört man ihm dabei immer noch allzu gerne zu – ganz unverkrampft versteht sich. Gespaltene Persönlichkeit schaffte es bis auf Platz eins der deutschen Charts.

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