Es ist diesmal nur ein beschnittenes Mandat, mit dem die Kanzlerin diesen EU-Gipfel bestreitet, den ersten nach der Bundestagswahl. Seit dieser Woche ist Angela Merkel nur noch geschäftsführender Vorstand einer geschäftsführenden Regierung. Doch dürfte das ihrem Tatendurst wenig schaden. Dass ihn Merkel in Brüssel beim Thema Bankenunion stillt, darf allerdings bezweifelt werden. Hier erscheinen die deutschen Positionen festgezurrt. Man findet in Berlin keinen Gefallen daran, dass es einmal die EU-Kommission sein könnte, die beim Abwickeln maroder Banken Regie führt – dies müsse weiter in der Verantwortung der nationalen Regierungen liegen, heißt es. Auch soll der für strauchelnde Finanzinstitute benötigte Abwicklungsfonds ni
sfonds nicht die Haushaltsautonomie der EU-Staaten aushebeln, sagt Finanzminister Schäuble. Es müssten demnach weiter die nationalen Parlamente sein, die über eine Rekapitalisierung angeschlagener Geldhäuser entscheiden. Verzögerte BankenunionDoch wird hier der Zukunft vorgegriffen. Frühestens in zehn Jahren dürfte ein solcher Kapitalstock, in den Europas Megabanken selbst einzahlen müssen, soweit gefüllt sein, dass Insolvenzen aufgefangen werden. Der Streit über den Gebrauch dieses Fonds gilt freilich schon jetzt der Frage, ob im Ernstfall auch Mittel aus einem der Euro-Krisenfonds – etwa dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) – in Anspruch genommen werden dürfen. Das müsse sein, glaubt der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, seit Januar 2013 als Chef der Eurogruppe Nachfolger des luxemburgischen Premiers Jean-Claude Juncker. Ganz anders sieht das die Regierung Merkel, so dass man sich kaum vorstellen kann, wie es im ECOFIN bis Jahresende gelingen soll, einen Konsens zu finden. Müsste in einer solchen Situation nicht der Europäische Rat sekundieren? Oder kompliziert das die Angelegenheit zusätzlich?Bisher ist nur geklärt: Ab März 2014 beginnt die Aufsicht der EZB über 128 Großbanken in Europa, darunter in Deutschland die Commerzbank, die Deutsche Bank und etliche Landesbanken. Mit diesem Kontrollregime wird Teil eins der Bankenunion ins Werk gesetzt, die ansonsten in Verzug geriert. Und das erheblich, man erinnere sich der State-of-the-Union-Rede, die EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso im September 2012 vor dem EU-Parlament gehalten hat. Seinerzeit galt als so gut wie beschlossen, dass sich die EZB bereits ab 1. Januar 2013 der Banken annimmt, die Hilfen aus dem ESM beantragen. Ein halbes Jahre später sollte es dann ein Prüfverfahren für alle systemrelevanten Großbanken in der Eurozone geben. Das hat sich verzögert, weil man sich unter den Euro-Finanzministern lange darüber gestritten hat, wer davon erfasst wird. Der Minimalkonsens lautet nun also: Ab März 2014 hat die EZB all jene Geldhäuser in der Eurozone zu beobachten, die über eine Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro oder ein Kapital gebieten, der bei 20 Prozent der Wirtschaftsleistung (!) eines Landes liegt. Vorbehalte im EU-ParlamentZur Bankenunion ist auf diesem EU-Oktober-Gipfel – offiziell zumindest – kein weiterer Beschluss zu erwarten. Deutschland will die Partner lieber auf ein anderes Projekt lenken: Angela Merkels während des Davoser Weltwirtschaftsforum im Januar ins Gespräch gebrachten „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“. Der soll möglichst noch 2013 geschlossen sein. Das Ganze zielt auf eine bessere Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitik, durch die sich alle EU-Staaten wachsender Wettbewerbsfähigkeit verschreiben sollten, so die deutsche Position. Man könnte es auch so ausdrücken: Vergattert der Ende 2011 geschlossene Fiskalpakt zu mehr Haushaltsdisziplin, soll es jetzt um eine politische Disziplin gehen, die zu mehr globaler Konkurrenzfähigkeit führt. Als potenzieller Auftraggeber firmiert nach den Vorstellungen Merkels die EU-Kommission. Sie soll bilaterale Vereinbarungen mit all jenen EU-Ländern treffen, die es am nötigen Wettbewerbswillen fehlen lassen. Erstaunlich, dass die deutsche Seite beim Thema Bankenunion von einer Federführung Barrosos und seiner Kommissare nichts wissen will – die aber gefragt sind, wenn Verpflichtungen bei Produktivitätskennziffern oder Wachstumsmargen überprüft werden.Wer dabei von den EU-Staaten keinen oder wenig Anstoß erregt, darf auf Entgegenkommen rechnen, werden etwa Finanzhilfen aus EU-Strukturfonds oder anderen Quellen erbeten. Angela Merkel denkt offenbar an einen Solidaritätsfonds, womit Deutschland statt der immer wieder geforderten kollektiven Haftung in der Eurozone bzw. EU nun auf kollektive Hilfe setzt. Das laufe auf ein Extrabudget hinaus, das sich im zweistelligen Milliarden-Bereich bewegen könne, heißt es in Brüssel. Vorbehalte im EU-Parlament sind bereits artikuliert. Der Tenor dabei – wie der Fiskalpakt werde auch der Pakt für Wettbewerbsfähigkeit ein Europa der vielen, unterschiedlichen Geschwindigkeiten festschreiben.