Lärm ist keine Politik

USA Die Republikaner freuen sich über jüngste Skandale, die der Obama-Regierung angelastet werden, und hoffen, damit ihre Regeneration vorantreiben zu können
Ausgabe 21/2013
Lärm ist keine Politik

Foto: Chip Somodevilla / Getty

Es hat schon etwas, dass sich republikanische Politiker ereifern über die staatliche Bespitzelung von Associated Press, mit der angeblich herausgefunden werden sollte, wer der Agentur Informationen über eine CIA gesteuerte Anti-Terroraktion im Jemen gesteckt hat. Als AP darüber vor einem Jahr publizierte, hatten sich Republikaner beschwert, Präsident Obama tue zu wenig gegen derartige Lecks.

Aber um die Republikanische Partei ist es schlecht bestellt . Ihre Politiker suhlen sich in vermeintlichen und tatsächlichen Skandalen der Obama-Regierung: Mutmaßliche Falschaussagen über den Anschlag auf das US-Konsulat im libyschen Benghasi, das – wie sich herausgestellt hat – vorwiegend von CIA-Leuten besetzt war. Oder finanzamtliche Restriktionen gegen Tea-Party-Sektionen und die vermeintliche Todesfalle Gesundheitsreform. Vor einer Woche stimmten die Republikaner im Repräsentantenhaus zum 37. Mal dagegen. Die Empörung beschäftigt Talkshows und sorgt für gute Stimmung an der rechten Basis.

Aber Skandallärm ist keine Politik, auch wenn man natürlich nie wissen kann, was noch alles bekannt wird. Inhaltlich haben es die Republikaner zugegebenermaßen nicht leicht. Obama besetzt ehemals moderate republikanische Positionen. Zugleich hält er seine Wähler mit der Botschaft hin, dass er modern und cool genug sei, den demoskopischen und gesellschaftlichen Wandel der USA zu bewältigen. Amerikas politische und wirtschaftliche Eliten stehen eher auf Seiten des Weißen Hauses. Sie haben keine Lust auf kleinkarierten Sozialkonservatismus und tun es in der Gewissheit, dass sich Obama in der Ökonomie und bei der Sicherheitspolitik an der Oberschicht orientiert, während die liberale und linke Opposition ausgebremst wird.

Autoritäre Präsidentschaft

Zur Handelsministerin wurde gerade Penny Pritzker ernannt, eine der reichsten Amerikanerinnen und eine von Obamas wichtigsten Wahlspenderinnen mit wahrscheinlich viel Geld in Steueroasen und der Hyatt-Hotelkette, die derzeit mit Gewerkschaften im Clinch liegt. Alles bekommt das eine Prozent ganz oben freilich nicht von Obama. Der macht seiner Basis Konzessionen, die ihn im Gegenzug gegen Attacken von rechts verteidigt. Die Klugen ganz oben verstehen das.

Dass AP überwacht und abgehört wurde, passt zu Obamas autoritärer Präsidentschaft im Sicherheitsbereich. Aus dem Irak sind die Streitkräfte abgezogen worden, die in Afghanistan sollen bald folgen. Doch ging es Mitte Mai bei einer Sitzung des Militärausschusses im Senat um die Frage, ob der Kongress seine Resolution von 2001 aufrechterhält, die den Präsidenten zum Angriff auf alle Nationen, Organisationen und Personen autorisiert, die „mit dem terroristischen Angriff am 11.September 2001“ in Verbindung stehen.

Nach Ansicht des Weißen Hauses legitimiert dieses Gesetz Obama Befehle zu Drohnen-Attacken und Operationen von Spezialkräften von Pakistan bis Nordafrika. Die Senatoren waren geteilter Meinung. Manche meinten, das reiche nicht mehr. Al-Qaida sei doch nur mehr ein Schatten seiner selbst. Michael Sheehan, im Verteidigungsministerium zuständig für Sonderaktionen, sah indes keine Notwendigkeit zur Neuformulierung. Noch „die nächsten zehn bis zwanzig Jahre“ werde das Gesetz reichen. Empörung gefällig?


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Geschrieben von

Konrad Ege | Lutz Herden

Redakteur „Politik“, zuständig für „Ausland“ und „Zeitgeschichte“

Lutz Herden studierte nach einem Volontariat beim Studio Halle bis Ende der 1970er Jahre Journalistik in Leipzig, war dann Redakteur und Auslandskorrespondent des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin, moderierte das Nachrichtenjournal „AK zwo“ und wurde 1990/91 zum Hauptabteilungsleiter Nachrichten/Journale berufen. Nach Anstellungen beim damaligen ORB in Babelsberg und dem Sender Vox in Köln kam er Mitte 1994 als Auslandsredakteur zum Freitag. Dort arbeitete es von 1996 bis 2008 als Redaktionsleiter Politik, war dann bis 2010 Ressortleiter und danach als Redakteur für den Auslandsteil und die Zeitgeschichte verantwortlich.

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