Auch Wolfgang Schäuble hatte sich jüngst dafür ausgesprochen, dass Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker fürs Erste im Amt bleibt und ein professionelles Krisenmanagement in der Eurozone garantiert. Der luxemburgische Politiker verfügt daher auch über das Mandat des deutschen Finanzministers, wenn er dessen Regierung ein desaströses Zeugnis ausstellt und ihr attestiert, die Eurozone wie ihre Filiale zu behandeln. Juncker stört sich zu recht daran, dass die Regierung Merkel zwar ständig beteuert, den Euro unbedingt retten zu wollen – es ihr aber erkennbar an der nötigen Kompetenz oder dem nötigen Willen fehlt, dies auch zu tun. Es reicht noch nicht einmal zu einem Minimum an Selbstdisziplin, gerade jetzt auf Erklärungen zu verzichten, die der Gemeinschaftswährung zu heilloser Fallsucht verhelfen. Besonders Bundeswirtschaftsminister Rösler (FDP) und der bayerische Finanzminister Söder (CSU) hatten sich darum zuletzt verdient gemacht.
Kein eindeutiges Signal
Auf die Ankündigung von EZB-Präsident Mario Draghi, „alles Nötige, für den Erhalt des Euro zu tun“, gibt es bisher aus Berlin weder eine klare Absage noch eindeutige Zustimmung. Stattdessen erneuert die Bundesbank ihre übliche Kritik, die EZB solle die Finger von erneuten Anleihekäufen im Interesse der Schuldenstaaten lassen. Einen brauchbaren Gegenvorschlag freilich bleibt sie schuldig. Nur lässt sich mit Abwarten kein Marktvertrauen gewinnen, das doch sonst unablässig beschworen wird.
Die EZB muss handeln, aber sie kann es weder überzeugend noch mit der gebotenen Durchschlagskraft tun, wenn ihr dafür beim größten Einleger und der stärksten Wirtschaftsmacht in der Eurozone der Rückhalt fehlt.
Wenn in dieser dramatischen Situation nicht alle Akteure zueinander finden – von den Regierungen der Eurostaaten über die EZB bis zu EU-Kommission und EU-Ratspräsidentschaft – , kann das zu irreparablen Konsequenzen führen. Soll man das riskieren? Nach Auffassung von Jean-Claude Juncker offenbar nicht. Was er der Regierung Merkel indirekt zu verstehen gibt: Die Zentralbank kann schlecht zu einem großen und riskanten Kraftakt ausholen, um neben der Währung auch die Währungsgemeinschaft (in ihrer jetzigen Zusammensetzung!) zu schützen, wenn zeitgleich führende Politiker aus der Berliner Regierungswelt den Austritt Griechenlands nicht mehr nur herbeireden, sondern erzwingen wollen.
Ein angemessener Preis
Rösler und Söder tun, was sie können, um dem Leumund Athens soweit zu schaden, dass dessen Bankrott unabwendbar und wünschenswert erscheint. Nur für wen eigentlich? Den Gläubiger Deutschland etwa? Der könnte auf einen Schlag mindestens 30 Milliarden Euro abschreiben, sollte es zum Griechen-Exit kommen. Ist das ein angemessener Preis dafür, dass erkennbar überforderte Zeitgenossen wie der Bundesvorsitzende der FDP ihr eigenes politisches Überleben über das des Euro stellen?
Schon vor dem jüngsten EU-Gipfel gab es eine Kluft zwischen der offiziellen deutschen Position und der Idee von EU-Kommission, EZB, Eurogruppe sowie Ratspräsidentschaft, über eine gemeinsame Schuldentilgung aller Eurostaaten nachzudenken. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass aus dieser Kluft seither ein Abgrund geworden ist. Jean-Claude Juncker hält es für ratsam und alternativlos, darüber in aller Öffentlichkeit zu reden.
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