Ein Neocon warnt vor Donald Trump

Robert Kagans Kolumne ist ein Zeichen für die Unruhe, die das politische Establishment der USA erfasst hat. Die Sorge wächst, dass mit Trump das System selbst bedroht ist,

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Spannend ist das schon - Robert Kagan, Kolumnist der Washington Post warnt dieser Tage vor Donald Trump.

Robert Kagan und seine Frau Victoria Nuland (bekannt durch ihre Ukraine-"Engagement" mit Keks und "fuck europe" sowie einer veritablen Abneigung gegen Minsk II und Merkel , denen Nuland "moscow- bullshit" bescheinigte) charakterisierte die Zeitschrift Consortiumnews in einem Beitrag kürzlich - reichlich spöttisch - als Inhaber eines großen "Mum and Dad-Business" mit der Geschäftsidee: Sie bricht Kriege mit vom Zaun und er fordert dann mehr Waffen im Kongress.

Auch wenn man es nicht so scharf sehen will, die Auseinandersetzung mit dem Ehepaar Kagan-Nuland durchzieht Consortiumnews mit immer wieder interessanten Details.

Robert Kagan ist Senior fellow der Brookings Institution und vieler anderer Thinktanks, die ihren politischen Senf zum aktuellen Geschehen geben. Kagan hat Politiker sowohl der Republikaner als auch der Demokraten beraten.

Wenn also Kagan energisch vor Trump warnt, muss man fragen, was den "Familienbetrieb" so ängstigt.

So kommt Faschismus nach Amerika lautet die Überschrift der Kolumne.

Anzumerken wäre unbedingt, dass Kagans Faschismus-Begriff politisch angemessen breit und diffus ist. Damit kann er problemlos auch Stalin und Putin als Faschisten unterbringen. Ansonsten aber ist seine Diagnose des Desasters, das der Republikanischen Partei mit Trump droht, zutreffend.

Er meint, das Trump-Phänomen sei sowohl lächerlich als auch gefährlich für die Republikaner und eigentlich habe das Ganze nichts mit Politik und Ideologie zu tun. Am Ende, so Kagan, habe es auch nichts mit der Republikanischen Partei zu tun. Die sei nur der „Inkubator“ für seine Ideen. Trump aber habe die Partei, die ihn "produziert" hat, gewissermaßen überwunden.

Eine Aura aus roher

Kraft und Machismo

Die Treue seiner sich mehrenden Anhängerschar sei momentan das Wichtigste, meint er. Zwar solle geglaubt werden, dass diese Treue sich aus der wirtschaftlichen Stagnation und Orientierungslosigkeit speist. Aber, was er wirklich biete, sei eine Haltung, eine Aura von roher Kraft und Machismo, eine Prahlerei und Respektlosigkeit für die "Nickligkeiten" der demokratischen Kultur, von der seine Anhänger glauben, dass sie für nationale Schwäche und Inkompetenz verantwortlich sei.

Sein öffentlicher Diskurs bestehe aus Angriff oder Spott für "andere" - Hispanics, Muslime, Frauen, Chinesen, Mexikaner Europäer, Araber, Einwanderer Flüchtlinge - die er als Bedrohung ansieht oder versporttet. Sein Programm besteht hauptsächlich aus dem Versprechen, mit Ausländern und Menschen nicht-weißen Teint "hart umzugehen. Selbst Vokabeln wie "Deportation" kommen da zum Einsatz.

Trump schafft ein Phänomen

das ihm selbst über den Kopf wächst

Dass er mit diesem "Harter Bursche" Ansatz eine Menge begeisterter Anhänger gewonnen hat, überrasche wahrscheinlich Trump selbst. Er ist einfach gestrickt und - und ganz wörtlich - Ein Egomane. Aber, das Phänomen, das er kreiert hat, sei ihm ein bisschen über den Kopf gewachsen und viel gefährlicher.

Er habe das berührt, was die "Gründer" einst am meisten fürchteten, als sie die demokratische Republik gründeten: Dass die populären Leidenschaften entfesselt würden und eine „mobocrazy“ entstünde. Zwar hätten Konservative seit Jahren davor gewarnt, dass zuviel „government“ die Freiheit ersticke. Aber es ginge auch um die andere Seite der Gefahr für die Freiheit, vor der Alexis de Tocqueville und die alten Philosophen gewarnt haben: Nämlich, dass die Menschen in einer Demokratie, erregt und wütend und ohne Not auch jene Institutionen mit Füßen treten, die geschaffen wurden, um ihre Freiheit zu bewahren. Was sich z. B. in Frankreich in der Französischen Revolution einst entwickelte, sei auch z B. Von Alexander Hamilton für Amerika befürchtet worden, nämlich, dass die Entfesselung der Volksleidenschaften nicht zu mehr Demokratie führen würde sondern, dass ein Tyrann auf den Schultern der Massen an die Macht reiten würde. Und dies sei Faschismus.

Sehr diffuse

Faschismus-Theorie

Über Kagans Faschismus-Theorie will ich hier jetzt nicht reflektieren.

Für ihn charakterisieren faschistische Bewegungen, dass sie z. B. keine kohärente Ideologie hätten, keine klare Reihe von Vorschriften für das, was die Gesellschaft brauche. Der Nationalsozialismus sei ein Bündel von Widersprüchen gewesen, der Faschismus in Italien sei antiliberal, antidemokratisch, antimarxistisch, antikapitalistisch und antiklerikal gewesen.

Auch sei der Faschismus niemals über seine Politik erfolgreich gewesen, sondern über seinen "Starken Mann, den "Führer", den "Duce", denen das Schicksal der Nation anvertraut werden konnte. Er konnte alle Probleme beheben, er konnte die Gefahr bannen oder bezwingen und er musste nicht erklären, wie. Und dann folgt gleich der probate Seitenhieb auf den "Putinismus", die auch nichts mit dem Glauben oder Politik zu tun hat, aber über den harten Mann, der ganz allein sein Volk gegen alle Bedrohungen, im In- und Ausland verteidigt.

Seltsam ist es schon, wie Kagan so generell vor der Gefahr von Massenbewegungen warnt, denn sie übernähmen die Demokratie. Und die Republikanische Partei lasse sich auf diese Übernahme ein: In Demokratien sei für die Politiker das einzige, was zählt, was die Wähler sagen, sie wollen das Motto: vox populi vox dei wirklich glauben. Somit sei eine politische Massenbewegung eine leistungsfähige, erschreckend Waffe, die sich der Politik entgegenstellt.

In solch einem Klima sei jeder Akteur auf der politischen Bühne mit einer Wahl konfrontiert: Auf der "richtigen" Seite bleiben mit dem „Führer“ und seiner Massengefolgschaft oder untergehen.

Was diese Menschen nicht sehen oder nicht sehen wollen sei, dass - Trump - einmal an der Macht - ihnen und ihrer Partei nichts schuldet. Er wird an die Macht kommen trotz der Partei , sondern in das Weiße Haus katapultiert werden, durch die ihm folgende Masse.

Bis dahin würde die Zahl seiner Parteigänger dramatisch wachsen. Heute haben weniger als 5 Prozent der Wahlberechtigten für Trump gestimmt. Aber wenn er die Wahl gewinnt, werden seine Legionen die Mehrheit der Nation umfassen.

Kagan warnt: „Stellen Sie sich die Macht vor, die er dann ausüben würde. Hinzu kommt, dass er neben der Macht als Anführer einer Massengefolgschaft zu sein, auch noch die immense Macht der amerikanischen Präsidentschaft besäße, seinem Befehl folgten: das Justizministerium, das FBI, die Geheimdienste, das Militär. Wer würde es wagen, sich ihn dann zu widersetzen? Sicherlich nicht eine republikanische Partei, die vor ihm in die Knie ging, auch als er noch vergleichsweise schwach war. Und wird ein Mensch wie Trump mit unendlich viel größer Macht in seinen Händen, etwa demütiger, vernünftiger, großzügige, weniger rachsüchtig werden als er heute ist, als er sein ganzes Leben gewesen ist? Wird ihn große Macht unkorrumpiert lassen?“

So komme der Faschismus nach Amerika, nicht mit Stiefeln und Salutieren, aber mit einem Tele-Verkäufer, einem falschen Milliardär, einem Lehrbuch für "egomaniacs", mit dem "Anzapfen" populärer Ressentiments und Unsicherheiten, und mit einer politischen Partei, die sich - aus Ehrgeiz, blinder Parteitreue oder einfach aus Angst - hinter ihm aufreiht .

Warum Kagan so energisch warnt, habe ich mich - zu Beginn - gefragt. Zuallererst ist ihm ernste Sorge zuzubiligen. Andererseits: Trump ist einer, der schwer zu beeinflussen ist. Ist er für den Interventionismus, welchen Kagan und Nuland so energisch präfererieren, zu gewinnen? Schon mit Obama lief es ja nicht immer erfolgreich. Wird Trump andere Berater hören? Anzunehmen ist auch, dass die Art wie Trump Herrschaftssysteme mit seinem Auftreten "zur Kenntlichkeit" bringt den etablierten Politikern unheimlich ist, denn sie bevorzugen andere Machtinstrumente.

Donald Trump macht deutlich, was der Schriftsteller Sinclair Lewis schon in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts warnend aufzeigte: It can't happen here - so der ironische Titel seines Romans aus den 30 Jahren des vergangenen Jahrhunderts, der sich mit der Gefahr des Faschismus auch in den USA auseinander setzte. Aktuell wie nie zuvor.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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