Harry Rowohlt

Freitagssalon Ein Melancholiker mit amüsantem Tiefsinn

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Harry Rowohlt

Magda

Nur Melancholiker sind ganz besonders in der Lage, aus vielen witzigen Wortspielen, Witzen und Anekdoten eine Mauer um sich zu bauen, gegen die man immer wieder gern und lachend anrennt. Das war sehr amüsant, aber aus diesem Grund kam man dem so bekannten Übersetzer, Autor, Lindenstraßendarsteller auch nicht richtig auf den Grund.

Der ehemalige „Ambassador of Irish Whiskey“, wie er erklärte, ist inzwischen ein nüchterner Scherzbold mit einer Muskelkrankheit, die zwar nicht weh tut, wie er erklärte, aber eben doch allerlei Beschwerden macht. Polyneuropathie ist es glaube ich.

Er ist eigentlich ein „Alleinunterhalter“, der seine Lesungen immer – so sagt Wikipedia – auf Stunden ausdehnt und um die gerade einfliegenden spontanen Einfälle erweitert.

Kürzlich erhielt er den renommierten Kabarettpreis, den „Prix Pantheon“. Er könnte auch leicht ein Kabarettprogramm herstellen, aber – ich glaube – ohne Moderator ohne einen, der ihm die Bälle zuwirft, hat er keine Lust dazu.

Und das war an diesem Abend Jakob Augstein, der sich redlich mühte, seine Fragen an den Rowohlt zu bringen, aber das gelang immer nur teilweise. Meist ertrug Rowohlt die kurzen Denkpausen nicht und hakte selbst da ein, wo er meinte, er müsse eine Lücke füllen. Das kennt eigentlich jeder, der mal eine Tischrunde erlebt hat, in der einer mit einem Witz anfängt. Danach ist immer erst mal Stille, weil alle in ihrem Gedächtnis kramen, ob sie nicht auch was...usw. Jakob Augstein wurde so immer mehr zum Zuhörer – was ja auch o.k. war. Rowohlt macht das schon. Und wir lachten da immer wieder. Erzeugte Lachsalven sind auch ein Schutz und eine Waffe.

Erfahren habe ich ein bisschen über ihn. Er ist ein Linker. Er hält die Gesellschaft für ungerecht, er mag Gregor Gysi und empfand bei Stefan Heyms Eröffnungsrede als Alterspräsident des Bundestages damals historische Befriedigung.

Amüsant für mich, war - dass er gefragt nach den Assoziationen auf den Namen Angela - meinte, er assoziiere damit noch immer eher Angela Davis, aber die sei ja auch mal in der FDJ ziemlich on top gewesen, ähnlich wie Angela M. Überhaupt könnte Angela Merkel mit ihren Fähigkeiten in beiden Systemen die Führung übernehmen.

Er steht sehr früh auf um sein enormes Arbeitspensum zu bewältigen, er arbeitet gern und ist auch gerne zu Hause, aber sucht – hin und wieder – Erholung vom einsamen Arbeiten in der Öffentlichkeit. Das schien auch der Sinn des Abends gewesen zu sein. Am Ende hatte keiner mehr Fragen. Mir fiel hinterher ein, dass ich ihn vielleicht mal hätte fragen können, warum er die „Lindenstraße“, die wir zu Hause in „Lindenstrafe“ umgetauft haben, mit seiner Gegenwart überhaupt beehrt. Aber so wichtig war mir das auch nicht. Er will ja wiederkommen. Sogar schon bald. Da stellt er ein Buch vor. Und erholt sich vielleicht von einer weiteren Phase einsamen Arbeitens zu Hause.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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