Wer macht den Dreck weg? Meist die Putzfrau

Alltagskommentar Die Putzfrau ist nicht erst seit Peer Steinbrück ein Politikum - einst Privileg der Reichen hat nun auch die Mittelklasse ihre Haushaltshilfen. Meist arbeiten sie schwarz
Ausgabe 37/2013

Putzfrauen-Affäre – das Wort hatte man ja schon lange nicht mehr gehört. Es klingt nach einer Zeit, als es noch nicht ständig ums Ganze ging. Nicht um die Banken, um die Währung, um die Überwachung. Putzfrauen-Affäre ist eher Provinzpolitik. Da geht es um die schmutzige Wäsche, die ein anderer oder – fast immer – eine andere am Finanzamt vorbei für einen wäscht, auffaltet und im Kleiderschrank verräumt. Schon etliche Politiker kamen wegen illegal beschäftigter Haushalts- und Putzhilfen ins Stolpern. Günther Krause zum Beispiel, einst Verkehrsminister im Kabinett Kohl, Walter Momper oder Kurt Biedenkopf. Sie alle hatten ihre Putzfrauen-Affäre. Und jetzt auch Peer Steinbrück?

Doch der Erpressungsversuch wegen einer Philippinin ohne Aufenthaltsgenehmigung, die Ende der neunziger Jahre bei den Steinbrücks kurze Zeit sauber gemacht hat, taugte nicht zum Skandal. Dass sich der Erpresser dann beim Staatsanwalt meldete und beteuerte, er habe seinen Drohbrief gar nicht abschicken wollen, verortete die Episode endgültig im Reich des Grotesken.

Ein Kavaliersdelikt

Die Putzfrau als Politikum und Waffe gegen den politischen Gegner hat heute allerdings auch nicht mehr das Gewicht von einst. Eigentlich ist das Thema seit 2004 politisch erledigt. Damals wollte Finanzminister Hans Eichel der Schwarzarbeit in Privathaushalten mit einem neuen Gesetz an den Kragen und wurde von Bundeskanzler Gerhard Schröder zurückgepfiffen. Die Botschaft dieser Aktion war: Eigentlich ist es eben doch ein Kavaliersdelikt. Es macht ja eh fast jeder. 2012 waren geschätzt 95 Prozent aller Haushaltshilfen – dazu zählen auch Gärtner und Kinderbetreuer – nicht angemeldet.

An die Putzhilfe in der heimischen Wohnung mag der ein oder andere aber womöglich auch aus einem anderen Grund nicht so gern öffentlich erinnert werden – wird man dann nämlich schnell zu den Leuten gezählt, die sich zu fein sind, selbst zu putzen. Da ist historisch gesehen natürlich etwas dran. Die heutige Haushaltshilfe hat ihre Wurzeln in der früheren Dienerschaft der Upper Class. Das Butler-Konzept der 24/7-Betreuung löste sich nach dem Zweiten Weltkrieg mehr und mehr auf und wurde durch Au-Pair-Verhältnisse und den stundenweisen Service von Reinigungskräften ersetzt – und so demokratisiert. Denn längst lässt auch die Mittelklasse putzen. Doch so nachvollziehbar es sein mag, seine Wochenenden nicht mit Saugen und Wischen verbringen zu wollen – der Makel bleibt: Ein schlecht bezahlter und prekär beschäftigter Mensch erledigt für einen die Drecksarbeit.

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