„Ich bin müde“

Georg Schramm Ein aktuelles TV-Interview mit dem großen Ausnahme-Kabarettisten Georg Schramm – in Liechtenstein

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Das Studio von TV1 – Liechtenstein ist so winzig, die Distanzen so kurz, das Mobiliar so putzig-puppenstubenhaft, dass Georg Schramm darin wirkt wie Gulliver in Liliput. Er sieht aus wie Keith Richards, klingt wie Tom Waits und denkt wie Rio Reiser. Er verschränkt die Arme vor der Brust. Mehr Bescheidenheit als Verschlossensein. Ein eigens herausgeforderter, erzählter Witz über katholischen Kindesmissbrauch gleitet an der Moderatorin scheinbar ab wie an Teflon – möglicherweise das gefürchtete, steril wirkende und deshalb oft auch missverstandene 'Schweizer Understatement'.

Dennoch erzählt Schramm, der im deutschen TV inzwischen weitestgehend absent ist, Erstaunliches, auch Biografisches. Er ist ein unverbesserlicher, kompetenter, glühender Moralist und Ethiker. Er dreht den Spieß listig und einfach um, wenn er bekennt: „Die Unterhaltung ist ein Etikettenschwindel, ein Deckmantel.“

Dem Mit-Erfinder der ZDF-Kabarett-Sendung „Neues aus der Anstalt“ (die demnächst wohl auch ihren Geist aufgeben wird – man wird sehen...) ist anzumerken, wie wichtig ihm seine politischen Anliegen sind und wie schwer es war und ist, sich dabei nicht das Rückgrat heraus operieren zu lassen; dass Georg Schramm eine Ausnahme unter den vielen Kabarettistinnen und Kabarettisten ist, kann man insbesondere an diesem dezidiert vorhandenen Körperteil ausmachen. Eine Seltenheit. Eine weitere 'Anomalie': Dass ein deutscher Mensch aus dieser Branche George Tabori treffend zu zitieren in der Lage ist.

Der Tucholsky-Inspirierte und studierte Psychologe wird noch in diesem Jahr sein Bühnen-Programm „Meister Yodas Ende“ beenden, um sich in eine Art Ruhestand zu begeben. Das sei ihm mehr als gegönnt. Ganz zur Ruhe wird er, wie er selbst sagt, aber wohl nicht kommen. Und es wohl auch nicht ernsthaft wollen - ein ziemlich valider rollin' stone eben.

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