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Windows 8 Wie der Softwareriese weiter plündert und seine zerstörerische Monokultur verbreitet

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Friss oder stirb

Ob man will oder nicht, derzeit bekommt man es überall und nicht nur auf's Brot geschmiert: Microsofts neues Computerbetriebssystem Windows 8. Der US-amerikanische Software-Gigant mit jährlichen Rekordumsätzen (73 Mrd. $ 2012) drohte in den letzten Jahren durch die Entwicklung der Smartphone- und Tablettechnologie strategisch ins Hintertreffen zu geraten. Zwar war, ist und wird auf absehbare Zeit der stationäre Rechner der Löwenanteil des Marktes für Computerbetriebssysteme bleiben, jedoch ist beim derzeit rasant wachsenden Markt der mobilen Geräte ein ordentlicher Schluck aus der Profitpulle möglich. Diesen will man natürlich nicht auf Dauer allein den Konkurrenten Apple und Google (Android) überlassen.

Die neue Betriebssystem-Software Windows 8 soll nun so eine Art eierlegende Wollmilchsau sein, anwendbar sowohl auf dem heimischen PC, als auch dem Tablet sowie dem Smartphone. Diese Vereinheitlichung ist technologisch & an sich zunächst erst einmal nichts originär Schlechtes. Es bedarf auch eines entsprechend großen Unternehmens, so etwas zu entwickeln, um es anschließend gewinnbringend zu verkaufen.

Für Ihre Sicherheit - Schadsoftware ab Werk

Mittlerweile gibt es aber eine weitere Entwicklung im Bereich der Software, die vom Normalverbraucher möglicherweise nicht so stark wahr genommen wurde oder sollte: Jeder Rechner auf dieser Welt, ob stationär oder mobil, benötigt, bevor er überhaupt ein Computerbetriebssystem (Windows, Mac, Linux, BSD) starten kann, ein kleines Grundprogramm. Dies war bislang hauptsächlich das sogenannte BIOS. Die Weiterentwicklung UEFI nun bietet, neben der vereinheitlichten, einfacheren Bedienung und dem beschleunigten Startvorgang (Booten), auch die Möglichkeit, eine erhöhte Sicherheit von Grund auf einzubauen: Man kann festlegen, welche Software überhaupt mit dem Rechner gestartet werden darf. Zum Beispiel kann man praktisch in der fest installierten Firmware eines Gerätes (sagen wir mal: in einem Dell-PC oder einem Asus-Notebook) verschlüsselte Lizenzen hinterlegen, die dem Gerät vom Betätigen des Einschaltknopfes an entweder verbieten oder gestatten, bestimmte Betriebssysteme zu laden. Eventuelle Schadsoftware oder illegale Kopien haben es somit schwerer, gleich zu Beginn unbemerkt oder ungewollt vom Nutzer gestartet zu werden (was aber auch bedeutet: nach dem Start bleibt, zumindest bei Windows, alles beim Alten – unter Viren-, Trojaner- und anderen Viehzeugaspekten betrachtet, stehen nach wie vor wieder alle Fenster© und Scheunentore weit offen).

„Zensur Boot“

Nun, einige ahnen es bereits, so sie es nicht bereits selbst wissen: Genau – der globale Riesenkonzern (auf etwa 90% aller Rechner weltweit läuft Windows) missbraucht die oben beschriebene, Secure Boot genannte Funktion massiv, um zu verhindern, dass künftig auf Windows 8-zertifizierten Rechnern (und das sind demnächst fast alle auf dieser Welt – versuchen Sie mal in einschlägigen Verkaufsstellen heute einen PC o h n e Windows 8 zu bekommen...) etwas anderes startet als Windows 8. Dazu hat der Monopolist quasi verfügt, dass die Hardwarehersteller, wenn sie denn nicht Macintosh-Rechner (Apple) zusammenschrauben und dennoch ihre deshalb preiswerteren Teile an den Mann oder die Frau bringen wollen, ab Werk ihre Geräte so einrichten, dass Secure Boot darauf fest implementiert ist.

Den „Sack zumachen“

Dass man damit nicht vor allem diejenigen trifft, die sich ohnehin ein Apple-Gerät leisten können, sondern hauptsächlich jene, die selbst bestimmen wollen, welche Betriebssystemsoftware auf ihrem Rechner läuft (z.B. ein GNU/Linux oder ein FreeBSD), liegt auf der Hand.

Das ist nun aber weiterhin nicht nur lediglich die Ausnutzung der Uninformiertheit/Uniformiertheit der Nutzer oder Kundenbevormundung: Der Software-Riese benutzt seine faktische Monopolstellung dazu, die letzten Freiräume diesbezüglich auf bewährt kapitalistische, vulgo: dreiste, brutal-räuberische Weise zum eigenen Vorteil zu kommerzialisieren.

Wie unglaublich effizient man darüber hinaus mit derart angewendeter Technologie auch den postdemokratischen Sack endgültig zumachen kann - bedenkt man zusätzlich noch die parallel fortschreitende Privatisierung des Internets durch Facebook, Twitter, Google & Co. oder solche Dinge wie etwa Staatstrojaner - kann sich jeder selbst versuchen auszumalen (besonders finster werden diese Fantasien, wenn, wie jüngst zu lesen war, digitale Meinungsführer, die man kundiger Referenzierungen eigentlich für fähig hält - wie etwa Johnny Haeusler - unter dem Eindruck dieser Entwicklungen dergestalt irrelevant ins Horn stoßen). Dagegen mutet der sogenannte „Browserkrieg“ seinerzeit an wie ein Kindergeburtstag.

Mehr Hintergründe/Details dazu u.a. auch hier:

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