Strafanzeige gegen Merkel

Überwachungsskandal Der Chaos Computer Club erstattet Strafanzeige gegen die Bundesregierung und gegen die Chefs der deutschen Geheimdienste

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Queen of Neuland: Angela Merkel
Queen of Neuland: Angela Merkel

Foto: Sean Gallup/ AFP/ Getty Images

Wie bereits letzte Woche angekündigt, hat heute nun der Chaos Computer Club (CCC) zusammen mit der Internationalen Liga für Menschenrechte Strafanzeige beim Generalbundesanwalt erstattet. Angezeigt werden neben Merkel u.a. auch der Bundesinnenminister sowie die Präsidenten von Verfassungsschutz, Militärischem Abschirmdienst und Bundesnachrichtendienst. Neben dem Verdacht der Strafvereitelung im Amt in Folge der Enthüllungen Edward Snowdens über die strafbaren Tätigkeiten ausländischer Geheimdienste in Deutschland, wird den Angezeigten darüber hinaus Duldung und aktive Beihilfe zu diesen Straftaten vorgeworfen.

Nachdem Generalbundesanwalt Range im Dezember keine Veranlassung sah, Ermittlungen wegen der Tätigkeiten der „NASA“ (er meinte die NSA) und des britischen GCHQ einzuleiten, geriet Range Ende Januar deswegen ein weiteres Mal unter öffentlichen Druck. Der Generalbundesanwalt begründete seine bislang zögerliche Haltung u.a. damit, dass Antworten auf Anfragen seiner Behörde an verschiedene Bundesministerien und diesen wiederum zugeordneten Ämtern und Diensten immer noch ausstünden. Der Generalbundesanwalt ist gegenüber dem Bundesjustizminister (derzeit Heiko Maas, SPD) weisungsgebunden.

Es sei bedauerlich, so Dr. Julius Mittenzwei, Rechtsanwalt und CCC-Mitglied, dass nicht längst ermittelt würde: „Jeder Bundesbürger ist von der massenhaften geheimdienstlichen Ausforschung seiner Kommunikationsdaten betroffen. Dagegen schützen ihn allerdings unsere Gesetze und bedrohen diejenigen mit Strafe, die eine solche Ausforschung zu verantworten haben. Entsprechend sind Ermittlungen des Generalbundesanwalts geboten, gar eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit.“

In der auf der Webseite des CCC veröffentlichten Mitteilung wird erklärt, dass man nicht nur den Generalbundesanwalt endlich zum Handeln zwingen möchte, sondern man verstehe die Anzeige darüber hinaus auch als eine Aufforderung an alle, ebenfalls aktiv zu werden und gegebenenfalls selbst Strafanzeige in dieser Sache zu erstatten. Auf der Seite weiter unten finden sich zwei Kontakte, unter welchen man sich die 50 Seiten umfassende Strafanzeige im Wortlaut auf Anfrage übermitteln lassen kann.

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Zusatz/Update 1: aktuelles, ausführliches DLF-Interview mit Constanze Kurz, Sprecherin des CCC, zur Strafanzeige

Zusatz/Update 2: GCHQ hat das Anonymous-Netzwerk mit DDoS attackiert. Neue Dokumente aus dem Fundus Edward Snowdens belegen dies. Gabriella Coleman, Anthropologie-Professorin an der kanadischen McGill-Universität und Autorin eines Buches über das Hacktivisten-Netzwerk sprach in diesem Zusammenhang von einem Angriff der Regierung auf die freie Meinungsäußerung, der nichts mit der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu tun hätte. Vielmehr sei das offensichtlich ein staatliches Vorgehen gegen zivilen Ungehorsam. Jason Healy, ein früherer leitender Cyber-Sicherheitsspezialist des Weißen Hauses nannte die Aktion des GCHQ laut NBC "ziemlich blöd"(siehe auch Heise-Newsticker und NBC-News).

Zusatz/Update 3: Der 'Hirsch der Woche' kommt von der Vorratsdaten-SPD. Heiko Maas, Bundesjustizminister, SPD, heute: "Der Schutz der Sicherheit scheint für die NSA nur ein Deckmantel zu sein, um ungebremst Daten zu sammeln." Sollte man sich merken. Für demnächst. Wobei "NSA" dann lediglich gegen "Bundesregierung", "SPD" oder "Heiko Maas" ausgetauscht werden müsste. Zwischenzeitlich fordert die SPD als Reaktion auf die Überwachung durch NSA und GCHQ allen Ernstes, die USA auszuspionieren - was eigentlich schon der zweite Hirsch in nur einer Woche ist.

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