Alle Jahre wieder

Neu im Kino Geschmackvolle Milde oder Hauptsache, Italien: Woody Allens neuer Film "To Rome with Love" spielt in der Hauptstadt, Rudolf Thomes jüngste Arbeit "Ins Blaue" auf dem Land

Am bemerkenswertesten an den Filmen von Woody Allen und Rudolf Thome ist womöglich, dass sie immer noch gemacht werden. Mit To Rome with Love (Allen) und Ins Blaue (Thome) starten in dieser Woche der 42. (Allen) beziehungsweise 28. Film (Thome) des jeweiligen Regisseurs.

Mit dem „Kino des 21. Jahrhunderts“, wie es in Ins Blaue einmal in dem eigentümlich ernsthafen kindisch-Sein von Thomes Filmen heißt, hat das freilich nichts zu tun. Vielmehr wirken beide Filme, nicht nur weil sie in Italien spielen, wie der Versuch, sich die Blätter des eigenen Herbstes möglichst bunt anzumalen.

Ansonsten kommen To Rome with Love und Ins Blaue daher wie Echos auf Fragen, die vor 30 Jahren gestellt worden sind. Daher kann man an Allen (76) und Thome (72) Beobachtungen zur Künstlerbiologie machen – also erkennen, wie sich die Kunst, die in ihren besten Momenten weit über die Person hinausging, wieder zurückbildet in die weitgehend mechanische Arbeit dieser Person an ihren Themen, die konstante Reproduktion von etwas, das einmal Stil war.

Leopoldo Pisanello

Nach London, Barcelona und Paris macht Woody Allens filmtouristischer Selbstexport nun in Rom Station. Dass die italienische Hauptstadt offenbar wenig hergegeben hat, zeigt sich daran, dass To Rome with Love mehrere Episoden erzählt, ohne zu viel Energie auf eine Rahmenhandlung zu verwenden. Allen war nie ein großer Erzähler; wenn sich eine junge Amerikanerin (Alison Pill) in einen Italiener (Flavio Parenti) verlieben soll, dann fragt sie ihn nach dem Weg.

Die originellste Episode ist die von Leopoldo Pisanello (Roberto Benigni), dem Sinnbild des ewig zurückgesetzten, schimpfenden Angestellten. Pisanello wird mit einem Schlag und ohne Erklärung berühmt und muss vor Fernsehkameras dauernd Fragen zu seinem Allerweltsleben beantworten, etwa wie er sich rasiere. In der medial aufgeregten Ernsthaftigkeit, mit der diese banalen Vorgänge reportiert werden, steckt eine Parodie auf die (italienische) Mediengesellschaft, die am Ende allerdings noch aufgelöst werden muss.

Auch Thome will kein großer Erzähler sein, auch bei ihm passieren einfach die Sachen, die passieren müssen. Drei junge Frauen fahren in Ins Blaue durch Italien, und als das Auto einen Motorschaden hat, agieren sie erst hilflos, dann selbstermutigend („Wir sind doch keine Kuschelmädchen, wir sind moderne Frauen, die sich zu helfen wissen“), ehe sie schließlich ölverschmiert einen Mönch, Bruder Franziskus, anhalten, der einmal Automechaniker war.

Geschmackvolle Milde

Diese Handlung ist Teil eines Film-im-Films, der einen Generationenkonflikt zwischen Produzentenvater (der im Januar verstorbene Vadim Glowna in seiner letzten Rolle) und Regisseurin-Tochter (Alica Dwyer) erzählt. Was das Autoreparieren aber auch nicht erklärt. Vielleicht versteht man Thomes Film am besten, wenn man die pornöse Direktheit, die unter solchen Begegnungen wie mit dem Kfz-Mönch liegt, als sublimierte Suche nach Schönheit begreift: Film ist eben auch eine Möglichkeit, noch in reiferem Alter junge, schöne Menschen vor sonnigen, schönen Landschaften in Szene zu setzen.

Die Film-im-Film-Engführung bis zum Ende von Ins Blaue (der Film der Tochter heißt auch so) wirkt so routiniert wie Woody Allens Witze. Der Vorteil der geschmackvollen Milde, die aus beiden Filmen scheint, ist aber, dass sie einen im schlimmesten Fall gleichgültig lassen. Ärgern kann man sich darüber nicht, dafür wollen To Rome with Love und Ins Blaue zu wenig.

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Geschrieben von

Matthias Dell

Filmverantwortlicher

Matthias Dell

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