Die Frage, ob irgendwer schon einmal das Arte Magazin gekauft hat, kann beantwortet werden: Ja. Ich. Gestern. Der Grund liegt in der dänischen Serie Borgen, die in dem Kulturkanal im Moment in der dritten Staffel läuft. Allein das Titelbild ist die 2,30 Euro wert, zeigt es doch: Birgitte Nyborg. Es ist ein weichgezeichnetes Bild, was nicht nötig gewesen wäre. „Wir wollen Nyborgs Falten sehen“, sagt die Produzentin von Borgen zutreffend im Interview.
Birgitte Nyborg, das ist, wer es nicht weiß, die erste Frau, die in Dänemark Ministerpräsidentin wurde, sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, und wie die Schauspielerin heißt, die Nyborg verkörpert, werde ich mir nie merken können. Zuletzt wirkte Birgitte Nyborg ausgebrannt, nun versucht sie einen Neuanfang, und weil das in ihrer Partei nicht geht, hat sie eine eigene gegründet.
Die Neuen Demokraten sind eine linksliberale Partei. Man könnte sogar sagen: Sie sind die linksliberale Partei, die Deutschland dringend bräuchte. Aber wir sind ja in Dänemark, dem kleinen Land im Norden, das früher südlich locker wirkte (EM 1992!) und heute leider durch fremdenfeindliche Politik auffällt. 2011 wurden sogar die Grenzkontrollen in diesem EU-Land wieder hochgezogen.
Überzeugungen
Darum geht es in Borgen natürlich auch. Zulauf erhalten die Neuen Demokraten von Mitgliedern der Moderaten, die mit dem ausländerfeindlichen Kurs ihrer Partei nicht mehr einverstanden sind. Aber auch vom stellvertretenden Vorsitzenden der Neuen Rechten Partei, der sich seine Entscheidung nicht leicht gemacht hat. Erik Hoffmann ist konservativ, aber er ist mit einer dunkelhäutigen Juristin verheiratet. Birgitte Nyborg kann ihn überreden. Wenn sie etwas will, ist sie zäh.
Sie ist selbstbewusst und unprätentiös zugleich. Das teilt sie mit Angela Merkel, aber anders als sie ist die Nyborg auch ein wenig extravagant, siehe ihren jüngeren Liebhaber, einen britischen Star-Architekten. Und wie Angela Merkel kennt sie das Spiel der Macht. Aber sie hat auch Überzeugungen. Teils aus ihrer privaten Kasse zahlt sie eine hohe Parteispende zurück, weil der Spender Einfluss auf das Parteiprogramm genommen hat und eine niedrige Unternehmenssteuer festschreiben ließ.
Leute wie Bent
Eine Birgitte Nyborg lässt sich eben nicht kaufen. Ein Meisterstück ist ihre Rede am Ende der Gründungsphase. Hätten die Piraten die dritte Staffel von Borgen gekannt, wären sie nicht so kläglich untergegangen. Sie hätten dann gelernt, dass eine erfolgreiche Partei Idealismus und Pragmatismus austarieren muss. Und Grenzen ziehen muss. Radikale Tierschützer haben in einer linksliberalen Partei so wenig verloren wie Abtreibungsgegner. Birgitte Nyborg findet dafür deutliche Worte.
Es ist einfach so, dass man bei Nyborgs Partei sofort mitmachen möchte. Wer nun motzt und meint, dass das Fernsehen ist und nicht die Realität, dem sei gesagt: Stimmt genau. Oder wie die Produzentin von Borgen sagt: „Wir wollen Birgitte Nyborgs Falten sehen, und sie soll dabei trotzdem gut aussehen“
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