(0.1) Die Andere Gesellschaft. Tagebuch

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Zur Gliederung in Kapitel: hier


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(Der letzte Tagebuch-Eintrag steht jeweils oben, die anderen folgen in ihrer zeitlichen Reihenfolge)

7. 2. 2016

Das Projekt liegt hinter mir. Eine Zusammenfassung in Form eines sehr kleinen Büchleins, eher einer Broschüre sollte noch folgen, wird aber nichts Neues mehr bringen. Ich wiederhole, was ich oft gesagt habe: Abgesehen vom Kerngedanken meines Konzepts, den ökonomischen Wahlen (Proportionswahlen), habe ich nicht zeigen wollen, was unbedingt getan werden müsse, sondern habe zeigen wollen, daß eine Andere Gesellschaft möglich ist, daß sie ökonomisch funktionieren würde; zuletzt habe ich auch noch gezeigt, daß der Übergang zu dieser Gesellschaft möglich ist. Es ist möglich: Das bedeutet, es ist vielleicht auch anders möglich. Wer das meint, soll es zu zeigen versuchen, es wäre verdienstvoll. Wer aber mit meinem Kerngedanken übereinstimmt, hätte viel Anlaß, die Einzelheiten des ausgeführten Entwurfs zu prüfen, zu verbessern und zu ergänzen.

Ich habe einen Blick auf die bisherigen Tagebuch-Eintragungen geworfen: Am Anfang beschäftigte mich die Frage, ob ich einen halbwegs systematischen Text schreiben kann, den ich selbst immer nur so weit kenne, wie die von mir schon geschriebenen Stücke reichen. Im letzten Kapital über die Revolution sahen wir, daß Lenin eine vergleichbare Vorstellung von den aufeinanderfolgenden Handlungen in der Revolution hatte. Hier im Tagebuch fügte ich damals gleich hinzu, daß mir eine besondere Systematik, die des Fragens und Antwortens, der „Frage-Antwort-Kette“ vorschwebe, in der es also denkbar sei, daß einem früher geschriebenen Textstück von einem späteren widersprochen werde; solange dies, schrieb ich, in nachvollziehbarer Kontinuität des Denkprozesses geschehe, sei es mit Systematik vereinbar und steigere sie sogar und sei vor allem zur Propagierung des Wichtigsten gut, des Denkenkönnens und –wollens. Wäre mir nun im Verlauf des Projekts gar kein Fall solcher Art unterlaufen, ich hätte es schade gefunden. Aber es gab die Fälle. So hat sich meine Einschätzung des Phänomens des Superreichtums, wo ich zunächst gegen Sarah Wagenknecht polemisierte, erheblich verändert, und ich habe dann nicht nur die alte Einschätzung durch die neue ersetzt, sondern im Nachhinein gefunden und aufgeschrieben, wo und warum ich mich verirrt hatte.

Mir war auch wichtig, mich am Ende in der Frage, wie ich die letzten großen Projekte im Kapitalismus einschätze, noch einmal umbesinnen zu können - das Verlassen statt Heilen der Erde qua Raumfahrt und die Abschaffung des Menschen zugunsten von Maschinen, die ihnen an Intelligenz unterlegen sind -: Meinte ich früher, es gehöre zum Kapital, auf diese Fluchtpunkte hinauslaufen zu müssen, so stellt es sich mir jetzt so dar, daß sie hinter die beschränkte Rationalität, die dem Kapital doch eigen ist, noch erheblich zurückfallen und mehr eine faschistische Variante sind.

Am 19.2.2009 habe ich die Blogserie begonnen, fast genau sieben Jahre, mit zum Teil langen Unterbrechungen, hat sie mich begleitet. Jetzt sind andere an der Reihe. Genau sieben Jahren ist es her, daß ich mich hier als Blogger anmeldete.

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10.2.2010
Mein Blog wird zu einer Art Buch oder ist die Rohschrift eines solchen: Es gliedert sich von selbst in Teile und Kapitel, die ich hier angegeben habe, damit man sich leichter zurechtfindet. Die Angabe der Teile und Kapitel ist vorläufig und wird es bis zum Ende bleiben als die immer vorläufige Selbstinterpretation dessen, was ich hier mache.

Es ist interessant, ein Buch in der Form eines Blogs zu schreiben, so dass es schon öffentlich wird, bevor der Verfasser das Ende kennt. Kann es nicht passieren, dass er später noch einen Gedankengang bei sich entdeckt, der verkehrt ist, den er also unterdrücken würde, wenn nur nicht schon alles im Blog stünde? Ja, das kann passieren. Es ist aber gerade gut, so etwas nicht zu unterdrücken, denn das heißt ja Denken: aus guten Gründen Gedanken haben, sie übersteigen aus noch besseren Gründen. Das Denken soll man doch nicht verstecken. Eher propagieren. Ein langes Buch zu schreiben, ohne dabei klüger zu werden, ist eigentlich eine Zumutung. Ob ich selbst klüger werde beim Schreiben, weiß ich noch nicht, aber die Möglichkeit halte ich mir offen.

25.2.2010
Nach wie vor ist das Problem der Kommentare unter diesem Eintrag ungelöst. Damit er immer über den anderen Einträgen steht, muss ich ihn nach jedem neuen Eintrag löschen und weder einsetzen. Dadurch werden jedesmal auch die Kommentare gelöscht. Ich danke jedenfalls allen, die mir in verlorenen Kommentaren gutes Gelingen gewünscht haben.

12.3.2010
Den Eintrag (36) habe ich eben selbstkritisch verändert, u.a. durch eine Einfügung; zu den Einzelheiten siehe dort meinen Kommentar.

29.5.2010
Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein – jetzt, wo gar kein neuer Blog-Eintrag vorausgegangen ist -, ich sag's aber trotzdem, kann mich später darauf berufen. Mein letzter Eintrag datiert vom 7. Mai. Der nächste wird sich kaum vor Ende Juni blicken lassen. Es liegt daran, daß ich an einem Referat arbeite, das am 9. Juni gehalten sein will, und an einem Beitrag für ein Buch, der eigentlich schon Ende April hätte fertig sein müssen.

Außerdem werde ich nicht einfach "weitermachen" können. Ich glaube, ich muß das ganze Kapitel III/2 (Dimensionen des Geldes: Gleichsetzung der Waren) ein wenig umarbeiten, damit man es besser versteht. Mit der jetzigen Fassung bin ich nicht zufrieden. Die Reihenfolge der Argumente wird überprüft, es gibt auch Unklarheiten. Das Hauptproblem ist, daß ich im letzten Moment ein Argumentationsstück über den Begriff des "variablen Kapitals" ausgeschieden hatte, weil ich die sechs Einträge, die zum Kapitel gehören, nicht noch um ein siebentes ergänzen wollte – ich glaube inzwischen, daß man meinen Gedankengang ohne dies Stück gar nicht recht verstehen kann. Aber ich habe in (41) versprochen, beim nächsten Mal ein neues Kapitel zu beginnen! Wahrscheinlich werde ich das Problem so lösen, daß ich die ergänzte Umarbeitung gleichzeitig mit der ersten Notiz zu III/3 veröffentliche. Die wird übrigens von Adorno handeln, worauf ich mich jetzt schon freue, denn er bedeutet mir viel.

Umgearbeitete Teile werden in die obige Gliederung integriert als z.B. "(37a)", "(38a)" und so weiter. Erste Versionen werde ich aber natürlich nicht löschen. Auch sie wird man weiterhin von hier aus anklicken können.

29.6.2010
Ich habe mich nun doch begnügt, nur die Umarbeitung und nicht gleichzeitig schon den Anfang eines neuen Kapitels ins Netz zu stellen. Dann wäre die Pause noch um Einiges länger geworden. Ich ertrug es nicht, den unaufgelösten Akkord noch länger mit mir rumzuschleppen.

In der Umarbeitung ist, wenn ich nicht irre, nur ein größeres Thema weggefallen, nämlich die Frage, ob der Marxsche Begriff des "Allgemeinen" ("allgemeine Ware") zu den Aristotelismen in seiner Darstellung gehöre. Ich habe zum einen festgestellt, daß ich sie für meine Argumentation nicht brauche, zum anderen hat klonifanko wohl mehr Recht mit seinem Einwand unter der 40. Notiz, als ich zunächst einzuräumen bereit war. Auch einige mehr nebensächliche Aspekte tauchen nicht mehr auf, z.B. meine Behauptung, daß die Gleichungssprache sich besonders eigne, den Kausalitätsgedanken zum Ausdruck zu bringen. Ich bin mir im Grunde gar nicht sicher, ob das stimmt, habe es nicht eingehend genug überlegt. Wenn man in Neuland vorstößt, ist die Gefahr immer groß, daß man sich zu weit vorwagt. Jetzt im zweiten Anlauf glaube ich, mich aufs Wesentliche beschränkt zu haben, weshalb dieses auch ausführlicher behandelt werden konnte.

Neu ist inhaltlich, wie schon angekündigt, ein kleines Stück über den Begriff des variablen Kapitals, außerdem ein wichtiges argumentatives Kettenglied, nämlich die Einsicht in die Figur des Werts: daß als gemeinsames Merkmal einer Sache mit einer anderen Sache diese selbst, die Sache im Ganzen, erscheint, und die Einsicht, daß so eine Figur dinglich unmöglich, sprachlich aber vollkommen üblich ist. Formal ist neu, daß ich mich enger am Text von Marx orientiere, womit ich auch der Kritik von luggi Rechnung zu tragen versuche, obwohl ich mir nicht einbilde, er werde mir jetzt zustimmen. Und ich glaube tatsächlich, daß jetzt auch die Reihenfolge der Argumentation stimmt. Es war bei diesem schwierigen Gegenstand notwendig, das ganze Kapitel mit seinen fünf Einträgen (die Zahl der Einträge hat sich nicht erhöht) in einem Zug zu schreiben.

Auf die Idee, daß ich Kommentare beim ständigen Neuladen dieser "0. Notiz" durch Integration in den Text retten kann, ist Tom gekommen – vielen Dank! Schade, daß ich nicht selbst schon früher darauf gekommen bin, dann hätte ich all die schönen Ermutigungen aufbewahrt über die jetzige von Bildungswirt hinaus. An ruhrrot und Streifzug erinnere ich mich und an Joachim Petrick, der mich mit dem schönen Bild beglückt hat, er habe das Gefühl, "einem Glockengießer bei der Vorbereitung seiner Arbeit zuzuschauen", oder so ähnlich. Das bin ich leider nicht, ich werde nur Glocken mit Sprüngen produzieren, also keine Glocken – aber ich habe mich über die netten Worte gefreut!

20.8.2010
Eine freundliche Seele hatte zuletzt fünf Sterne über diesen Eintrag gesetzt; da ich ihn aus oben erläuterten Gründen bei jeder neuen Notiz meines Blogs erst löschen und dann neu einsetzen muß, sind die Sterne nun wieder verschwunden. Ich vergesse sie aber nicht und bleibe dankbar.

6.12.2010
Ich sage in der 54. Notiz, es könne nicht gezeigt werden, wie Adornos Dialektik über die Hegelsche hinausgehe, denn mein Bericht solle nicht ausufern. Doch habe ich vor, eine "Beilage" zu produzieren, in der um diese Frage geht und die auch eine Rezension von Alfred Sohn-Rethels Schrift Geistige und körperliche Arbeit, Frankfurt/M. 1970, enthalten soll. Das sind Dinge, mit dem ich ein größeres Publikum nicht länger belästigen will; nur wen es zufällig interessiert, soll es lesen können, andere können es einfach überschlagen. Freilich, wenn der nun kurz vor dem Abschluss stehende Dritte Teil einmal für eine Buchausgabe überarbeitet werden wird - er muss vor allem drastisch gekürzt, das heißt konzentriert werden -, gehören sie mit hinein. Jetzt aber werden sie fürs Verständnis des Fortgangs nicht unbedingt gebraucht.
Die Diskussion unter den Einträgen muss ich nun in einem extra Eintrag dokumentieren, da die hier vorgegebene Speicherkapazität nicht ausreicht. Ich trage das morgen (bzw. heute vormittag) nach.

20.7.2011
Seit Beginn des Jahres ist meine Arbeit nur recht schleppend vorangekommen, zuletzt hat es sogar eine Pause von zwei Monaten gegeben. Der Hauptgrund ist, daß ich in diesem letzten halben Jahr mit einer Reihe anderer und zwar termingebundener Arbeiten (außerhalb dessen, was ich für den Freitag schreibe) belastet war. Eine Zeitlang hatte ich den Blog und diese Arbeiten nebeneinander gemacht, endlich aber platzte mir der Hutkragen und ich führte erst einmal sie zuende. Das liegt nun hinter mir.

Abgesehen davon war auch ein bißchen Urlaub angefallen. Dann kommt aber auch hinzu, daß die Dinge, über die ich seit Anfang des Jahres im "Vierten Teil" schreibe, schwerer zu machen sind als das zuvor. Ich hatte das selbst nicht erwartet, da die Schwierigkeiten nicht so sehr intellektueller Natur sind. Nein, es geht jetzt um "Praxis" und da sind immer die "Folgen und Nebenfolgen" zu bedenken, was vielleicht nicht allzu mühsam ist, aber manchmal sehr viel Zeit auffrißt. Im übrigen müssen Lektüren dazwischengeschoben werden, denn was ich seit Jahresbeginn schreibe, habe ich noch sehr viel weniger zuvor im Kopf gehabt – abgesehen von den gesamtgesellschaftlichen ökonomischen Wahlen, die aber ja erst später an die Reihe kommen – als die Dinge zuvor.

Es wird jetzt immerhin schneller vorangehen, bis zur nächsten Unterbrechung von Anfang September bis Mitte Oktober. Ich strebe wieder wie früher an, einen Eintrag pro Woche zu machen, oft wird es aber wahrscheinlich nur alle zwei Wochen einen Eintrag geben können.

Mit Interesse habe ich verfolgt, wie Einige, die sich für den Dritten Teil über die Ware-Geld-Beziehung sehr interessiert haben, den Vierten Teil nun eher enttäuschend finden. So weil ich nicht zur Abschaffung "der Arbeit" als solcher aufrufe, und dergleichen. Aber ich habe ja deutlich geschrieben, es geht mir nur um den n ä c h s t e n S c h r i t t , den die Gesellschaft tun könnte. Was ist eigentlich falsch an dieser Fragestellung? Mit welchem Recht kann man sich ihr eigentlich verweigern?


31.1.2012
Die Technik war offenbar überfordert mit einem Blogeintrag, der zwar nicht besonders viel Zeichen, aber bis heute 80 Links enthielt. Ich weiß nicht, welche Überraschungen mir in Zukunft noch drohen, vorerst aber versuche ich das Problem so zu lösen: Der Eintrag mit den Links steht nicht mehr in der Spitze aller Einträge, so daß er immer wieder kopiert, gelöscht und wieder eingefügt werden muß, sondern bleibt immer derselbe, nie zu löschende Eintrag, den ich bei jeder neuen Blog-Folge nur ergänze. An der Spitze steht nunmehr dieser Eintrag, der nur einen einzigen Link enthält, der eben zum Eintrag mit jenen bisher 80 Links führt, d.h. zur "Gliederung in Kapitel".

8.11.2012
Daß in der Arbeit an der „Anderen Gesellschaft“ eine Pause von vier Monaten eingetreten ist, hat nur den Grund, daß ich einige termingebundene Verpflichtungen übernommen hatte, zwei Aufsätze, einer in einem Buch, einer in einer Zeitschrift, und ein Referat auf einer Tagung. Das mußte erst einmal abgearbeitet werden. Außerdem legt mich das zweiwöchige Berliner Musikfest im September, das ich mir durch fast tägliche Blogeinträge zu begleiten angewöhnt habe, jährlich in wundervolle Ketten. Und dann bin ich auch noch in den Urlaub gefahren. Tja, Anfang des Jahres hatte ich noch auf Nachfragen versichert, die ganze Blogreihe würde bis April oder Mai 2012 beendet sein. Welch ein Irrtum. Aber ich tue, was ich kann, auch weiterhin.

In den nächsten Tagen werde ich dafür sorgen, daß die Kommentarfunktion unter allen Eintragungen wieder zugänglich ist und daß die Kommentare, die dort immer schon gestanden haben, wieder sichtbar werden. Infolge des Relaunchs war und ist das unter einer Reihe von Einträgen nicht mehr der Fall, es läßt sich aber reparieren. Zum Beispiel sind die 186 Kommentare unter der Eintragung (67), und das waren interessante Debatten, zur Zeit nicht sichtbar.

Etwas anderes läßt sich leider nicht mehr reparieren. Ich habe früher immer mal wieder auf ältere Eintragungen zurückgeblickt, und wenn mir dann Schreibfehler aufgefallen sind, habe ich sie natürlich berichtigt. Auch kleine sachliche Fehler oder Unstimmigkeiten wollte ich dann korrigieren (größere Unstimmigkeiten, die mir nachträglich auffallen, würde ich einen neuen Eintrag erörtern), ich weiß nicht mehr, ob oder wie oft ich es auch getan habe, wenn, dann jedenfalls immer mit ausdrücklichem Hinweis darauf in der Kommentarspalte. Beides ginge jetzt in vielen Fällen nur noch um den Preis, daß ich die Überschriften dieser Einträge verändere, denn sie dürfen seit dem Relaunch Anfang des Jahres nur noch 70 Zeichen lang sein, und einige meiner Überschriften sind nun mal länger. Will ich auch nur ein Komma, das ich vergessen habe, in einen solchen älteren Eintrag einsetzen, verlangt das Programm von mir, als Gegenleistung gleichsam, ich möche bitte die Überschrift auf die wahre und korrekte Länge herabkürzen. Das mache ich nicht. Wenn ich in Zukunft beim Nachlesen älterer Eintragungen mit „zu langen“ Überschriften etwas Sachliches sehe, das umformuliert werden sollte, werde ich das nur in der Kommentarspalte vermerken.

Nachtrag 22:15 Uhr: Die Einträge des Ersten und Zweiten Teils, also (1) bis (32), sind jetzt wieder incl. Kommentarfunktion zugänglich. Das Weitere muß ich auf die erste Hälfte der kommenden Woche verschieben.

Nachtrag 12.11.2012 10:00 Uhr: Es ist getan; jetzt müßten überall alle Kommentare zu sehen sein und müßte überall die Kommentarfunktion genutzt werden können. In einem nochmaligen Durchgang werde ich noch die Links innerhalb der Einträge, die auf "Tagebuch" oder "Gliederung" verweisen, reparieren, und vielleicht müssen auch Links, die von einem Eintrag auf einen anderen oder auf andere verweisen, repariert werden. Das hat aber keine Eile - und ich fürchte, dies alles wird ohnehin nur in Eintragungen gehen, deren Überschrift 70 Zeichen nicht übersteigt -: Man kann jetzt ja von jeder letzten Eintragung aus zum Tagebuch, zur Gliederung und zu allen Eintragungen gelangen.

22.12.2013
Diesmal war die Pause – zwischen der 104. und 105. Notiz – besonders lang, ich glaube mehr als ein halbes Jahr. Wenigstens war bei ihrem Beginn eine Art Zwischenabschluss erreicht gewesen, und dass der nächste Schritt in den „Zwischenzusammenfassungen“ bestehen musste, in deren Lektüre man voraussetzungslos würde einsteigen können, egal wann sie erschienen, war auch klar. Dennoch ahnte ich nicht, wie lang die Pause sein würde. Sie war jedenfalls nicht von der Art, dass ich in ihr schon die künftigen Kapitel hätte entwerfen können. Freilich haben dann allein schon die Zwischenzusammenfassungen viel Arbeitszeit gekostet. Diese Arbeit war aber auch nützlich – sie bestand ja darin, die Einträge aus vier Jahren noch einmal durchzustudieren -, denn mir selbst sind manche theoretische Zusammenhänge deutlicher geworden, von denen die Blogreihe durchzogen ist.

Im Rückblick scheint mir, dass nur der Erste und Zweite Teil enigermaßen „buchreif“ sind oder schnell gemacht werden könnten. Der Dritte, den ich schon einmal in Teilen umgearbeitet habe, könnte noch viel mehr Deutlichkeit vertragen. Vollends der Vierte ist eine Art Rohentwurf, schon durch seine Länge und die theoretischen Vorstöße in verschiedene Richtungen, wenn auch nach einem Plan. Das ist in Teilen keine Darstellung auf der Basis von Forschung, wie es besonders beim Zweiten Teil weitgehend der Fall war, sondern beides durchdringt sich. Noch einmal anders steht es mit dem Fünften Teil über die „Proportionswahlen“, den ich jetzt beginne. Zu diesem Thema habe ich schon Mitte der 1990er Jahre veröffentlicht. Diese Veröffentlichung wird in Kürze online verfügbar sein, sie ist nämlich in der Kommune erschienen, die Anfang dieses Jahres eingestellt wurde, deren Redaktion aber dabei ist, alle Jahrgänge (seit 1983, wenn ich nicht irre) ins Netz zu stellen. Sobald es geschehen ist, weise ich in dem dann laufenden Eintrag meiner Blogreihe darauf hin. Auch hier also habe ich schon geforscht, allerdings sehe ich inzwischen manches anders. Im Übrigen war es mir damals noch gar nicht bekannt gewesen, daß schon Ota Sik, der Prager Reformer 1968, Proportionswahlen postuliert und über sie nachgedacht hatte.

Das Buch, in dem das geschieht, wurde hier schon teilweise ausgeschlachtet, was nämlich die von Sik so genannten „Mitarbeitergesellschaften“ angeht. Und da stehe ich wieder vor dem Rätsel, das mich seit 1990 beschäftigt. Warum gehen Siks „Mitarbeitergesellschaften“ in die politische Debatte ein, in Randbereiche derselben wenigstens – die Schweizer Sozialistische Partei hat sie in ihr Parteiprogramm aufgenommen, hierzulande hat Sahra Wagenknecht sie diskutiert -, nicht aber seine Proportionswahlen? Warum wird dieser Gedanke, der mir so unmittelbar einleuchtet, nicht aufgegriffen? Da kann ich mich fragen, ob die Welt oder ich mir selber ein Rätsel sein soll. Rätselhaft, allgemeiner gefasst, ist es, dass in so langen Jahren seit 1990 nicht versucht worden ist, von so vielen Leuten, die dafür kompetent gewesen wären, die Möglichkeit einer anderen Gesellschaft zu erforschen, die also weder kapitalistisch noch realsozialistisch würde verfasst sein. Ich selbst gehöre ganz bestimmt nicht zu diesen kompetenten Leuten. Ich tue es nur, weil sie es nicht tun, und spekuliere eigentlich darauf, daß sie ihre Feigheit endlich einmal überwinden und mich ablösen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Michael Jäger

Redakteur „Politik“ (Freier Mitarbeiter)

Michael Jäger studierte Politikwissenschaft und Germanistik. Er war wissenschaftlicher Tutor im Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin, wo er bei Klaus Holzkamp promovierte. In den 1980er Jahren hatte er Lehraufträge u.a. für poststrukturalistische Philosophie an der Universität Innsbruck inne. Freier Mitarbeiter und Redaktionsmitglied beim Freitag ist er seit dessen Gründung 1990. 1992 wurde er erster Redaktionsleiter der Wochenzeitung und von 2001 bis 2004 Betreuer, Mitherausgeber und Lektor der Edition Freitag. Er beschäftigt sich mit Politik, Ökonomie, Ökologie, schreibt aber auch gern über Musik.

Michael Jäger

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