Amazon Deutschland produziert zurzeit üble Schlagzeilen. In zwei der acht deutschen Logistikzentren des US-Unternehmens wurde im vergangenen Monat gestreikt. Die Geschäftsführung weigert sich aber, mit der Gewerkschaft zu verhandeln. Im Februar empörte sich die Öffentlichkeit bereits über Amazons Zusammenarbeit mit einer Sicherheitsfirma und den Umgang mit Leiharbeitern. Auf den Umsatz habe das alles keinen Einfluss, behauptet Amazon.
Doch anscheinend reitet das Unternehmen ein Teufel, Kunden dann auch auf andere Art zu vertreiben. Zu den Postzustelldiensten, mit denen es zusammenarbeitet, gehört auch Pin Mail. Ein Berliner Amazon-Kunde, nennen wir ihn Herrn Jobst, wurde kürzlich von Pin nicht angetroffen. Er fand in seinem Briefkasten die Aufforderung, sich die bestellte Sendung fünf Kilometer entfernt in einem Kaiser’s-Laden am Wittenbergplatz abzuholen.
Nicht mehr beim Nachbarn abholen
Dabei verspricht Amazon, Sendungen würden bei den unmittelbaren Nachbarn oder zumindest in der Nähe abgegeben. Dass der Pin-Zusteller überhaupt ins Haus zum Briefkasten kam, konnte er nur einem Nachbarn verdankt haben, der die Haustür geöffnet haben musste. Doch diesem gab er die Sendung nicht, und Herr Jobst verstand auch warum. Abholen beim Nachbarn war auf dem Benachrichtigungszettel gar nicht mehr vorgesehen. Dafür war „Kaiser’s Markt“ schon vorgedruckt, nur zu welchem Herr Jobst eilen sollte, konnte handschriftlich noch hinzugefügt werden.
Auf seine Nachfrage bei Pin, warum die Sendung nicht wenigstens in der Kaiser’s-Filiale seiner eigenen Straße abgegeben worden sei, erfuhr er, pro Wohnbezirk würden zwei Filialen ausgewählt – und die am Wittenbergplatz liege für ihn am nächsten. Der Wittenbergplatz liegt allerdings gar nicht in Herrn Jobsts Bezirk. Also fragte er bei Amazon nach, ob man Pins Verhalten dort billige. Er verstehe ja das Kalkül, schrieb er: Der Kunde werde gezwungen, Kaiser’s-Werbung zu schlucken, was Pin sich wahrscheinlich auch bezahlen lasse. Für ihn als Kunden sei es dann aber doch günstiger, bei einem der etwa 20 Buchläden zwischen seiner Wohnung und dem Wittenbergplatz anzurufen, dort zu bestellen und das Buch dort abzuholen.
Im Antwortschreiben ging Amazon auf diese Frage nicht ein, sondern bot nur an, sich im ganz speziellen Fall von Herrn Jobst künftig anderer Postzustelldienste zu bedienen. Das Vorgehen von Pin sei jedenfalls korrekt.
Herr Jobst hat so jedenfalls seine alte Liebe zu Buchläden wiederentdeckt.
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