Chronik

vom 09. bis 15. April 2009

Apartheid-Klage gegen Daimler

Späte Sühne

Die Tuchfühlung mit einem Unrechtsregime kann vor Gericht enden. Deutschen und US-Unternehmen bleibt diese Erfahrung jetzt nicht erspart, weil sie den abendländischen Wertekanon ausblendeten, als es sich lohnte. Daimler, Rheinmetall, IBM, GM und Ford sind in den USA wegen ihrer Kollaboration mit dem südafrikanischen Unrechtsstaat in den achtziger Jahren angeklagt. Ein Bezirksgericht in New York hat das Verfahren zugelassen, das auf eine Sammelklage Tausender Opfer der Apartheid zurückgeht. Bei den Beklagten fehlen die Schweizer UBS und die britische Barclays Bank, die an illegalen Transaktionen des Apartheid-Staates verdient haben sollen. LH

Georgiens Saakaschwili wackelt

Rosenrevolution, die zweite

Laut Bertolt Brecht soll sich der Revolutionär um den Lohngroschen, das Teewasser und die Macht im Staate kümmern. Präsident Saakaschwili, der Rosenrevolutionär von 2003, tat nur Letzteres. So standen nun Zehntausende vor seinem Amtssitz in Tbilissi und skandierten „Geh! Geh! Geh!“. Doch Saakaschwili wollte unbedingt bleiben und statt der ihm angebotenen 24 Stunden noch ganze vier Jahre regieren, bis die Amtszeit 2013 endet. Ihm fiel besonders der im August 2008 angezettelte Kaukasus-Krieg auf die Füße, als er Russland herausforderte und verlor. Finale der Rosenrevolution von 2003 war die Belagerung des Parlaments. Ein Muster, wie sich zeigt. LH

Kraftprobe in Thailand

Umsturz vertagt

In Bangkok ist die Revolution der Gewalt gewichen. Aber nur vorübergehend, wie von den oppositionellen „Rothemden“ versichert wird. Als die thailändische Armee Ostermontag in Bangkok Tausende Demonstranten einzukesseln begann, zogen die sich zurück. Die Kraftprobe mit Premier Abhisit konnte so nicht auf die Spitze getrieben werden. Zunächst hatten die Anhänger von Ex-Premier Thaksin den Konferenzort Pattaya gestürmt und dabei einen ganzen ASEAN-Gipfel in die Flucht geschlagen. Der Regierung wird von ihren Gegnern jede Legitimation bestritten, da sie nicht durch Wahlen, sondern durch ein Dekret des Königs zustandegekommen ist. LH

Proteste gegen Bombodrom

Auch der Osten marschiert

So traditionell die Ostermärsche, so vorhersehbar das Reden darüber. Die einen meinen mit Blick auf die Teilnehmerzahlen, die Friedensbewegung habe ihre Zeit hinter sich. Die anderen halten dagegen: Totgesagte leben länger. Tatsächlich, auch dieses Jahr ­gingen Zehntausende auf die Straße – und widerlegen damit so manchen Experten. Kaum hatte der Bewe-gungs­for­scher Dieter Rucht erklärt, die Ostermärsche hätten den Sprung nach Osten nie geschafft, kamen Zahlen aus der Kyritz-Ruppiner Heide: 12.000 Menschen haben am Sonntag im Norden Brandenburgs gegen den Schießübungsplatz Bombodrom protestiert. Es war der größte regionale Ostermarsch in diesem Jahr. TS

Britische Studie

Je Tochter, desto links

Darüber, warum und wann Menschen zu linken Haltungen neigen, haben sich Sozialisten, von Hoffnungen geplagt, lange den Kopf zerbrochen. Krisen sind nicht automatisch begünstigend, wie sich gerade zeigt – aber ein paar mehr Töchter könnten helfen. Britische Forscher haben in komplizierten Daten einen einfachen Zusammenhang entdeckt: Eltern werden konservativer, wenn der Nachwuchs männlich ist; kommt dagegen ein Mädchen zur Welt, rücken Mutter und Vater nach links. Wobei gilt: Je mehr Töchter, desto größer die Wahrscheinlichkeit. Wer links ist und sich einen Sohn wünscht, muss aber keineswegs abschwören: Umgekehrt wirkt der Zusammenhang ohnehin nicht. TS

Bischof Mixas Osterpredigt

Die Hölle auf Erden

Wann immer der Augsburger Bischof Walter Mixa das Wort erhebt, bleiben peinlich berührte Katholiken zurück. Und die „Ungläubigen“ zürnen. Jetzt hat sich der 67-Jährige die Atheisten vorgeknöpft und ihnen „die gottlosen Regime des Nationalsozialismus und des Kommunismus“ in die Bilanz geschrieben. Nach Mixas Osterpredigt über „die Unmenschlichkeit des praktizierten Atheismus“ erinnerten Konfessionslose an die Verfolgungen durch die Kirche und an ihre Rolle während der Nazizeit. Nachhilfe, die bei Mixa wohl nie verfängt. „Eine Gesellschaft ohne Gott“, meint der Bischof, „ist die Hölle auf Erden.“ Eine Welt ohne Mixas Einlassungen wäre fast schon das Paradies. TS

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