Ich dachte, wir wären weiter

Das Jahr im Freitag Drei große Debatten prägten das Jahr im Freitag. Sie zeigen vor allem, dass das Verhältnis von D zu Juden wie zu Israel und umgekehrt nicht wirklich geklärt ist.

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Im letzten Jahr, genauer in den letzten 10 Monaten, gab es drei große Themen im Freitag, die wirkliche Straßenfeger waren:

Grass und die letzte Tinte

Beschneidung

Jakob Augstein, der Gelistete.

Heftige und hitzige Auseinandersetzungen, Humor, Ernsthaftigkeit, gute und Geistnahrung bringende Argumente: alles war drin in diesen Auseinandersetzungen. Und leider auch wilde Beschimpfungen, oft, zu oft gipfelnd in dem Labeling des Gegenüber als Antisemit oder wahlweise Neonazi als Argumentersatz. Je länger die Debatten anhielten, je mehr sie sich zu überlagerten und gegenseitig zu nähren schienen (auch durch die scheinbar „bekannten“ Debattenteilnehmer, besonders durch die scheinbar verwandten Thematiken), umso schneller ging es auch ins abstempeln, in die Beschimpfungen. In Unvereinbarkeit und Beharren.

Grass. Ein großer Teil seines Gedichtes besteht aus dem „man wird ja noch sagen dürfen“ bzw. bei ihm man muss – auch als Deutscher – sagen.

Beschneidung. Was dürfen Juden in Deutschland, müssen sie sich anpassen, muss die „Leitkultur“ gewähren lassen?

Augstein. Darf die Politik des Staates Israel von einem deutschen Journalisten kritisiert werden oder ist er damit schon antisemitisch und dazu noch einer der zehn schlimmsten?

Sicher gibt es mehr Aspekte in allen drei Debatten. Mir scheint, die Heftigkeit, die Unerbittlichkeit an den zwei Polen der jeweiligen Debatten zeigt vor allem, dass das Verhältnis der Deutschen weder zu „Juden“ noch zum Staat Israel annähernd geklärt ist.

Blond wie ich bin, dachte ich bis kurzem noch, dass „wir“ wesentlich entspannter und souveräner miteinander sind. Weiter. Dass es normal ist, wenn wir offen miteinander reden und umgehen. Dass wir keine Extra-Begründung brauchen, warum denn jetzt ein Deutscher die Lieferung eines atomwaffenfähigen U-Bootes kritisiert (keine Waffen in Krisenherde), dass am Beispiel der Beschneidung keine „was ich schon immer mal sagen wollte“-Menschen ans Licht kommen und ihre eklige Propaganda verbreiten. Dass Kritik von außen angenommen werden kann (das war für mich der zentrale Punkt im Spiegel-Gespräch zwischen Augstein und Graumann: keine Kritik von außen, wir brauchen die nicht, wollen sie nicht).

Was folgt daraus? Es ist noch viel zu tun. Die Bedingungen für einen gelingenden Diskurs scheinen mir durch die wechselseitigen Verletzungen der letzten Monate nicht unbedingt besser geworden zu sein. Vorsichtig sein, zuhören, keine Etikettierungen, so viel Empathie wie möglich, verstehen wollen. Konsens suchen, aber kein falsches, klebriges Einverständnis. Reden, hart in der Sache, fair im Ton, getragen von der Wertschätzung des Gegenüber.

((Achtung: es folgt ein Beitrag, der die Sonderstellung der katholischen Kirche in der deutschen Gesellschaft zum Gegenstand hat))

"Juden" sind auch "deutsche Juden".

Ich habe verkürzt, bin dadurch angreifbar. Also los. Bitte in der von mir für die Klärung des deutsch-jüdisch-israelischen Verhältnisses erbetenen Form. Ach, wäre das schön!

Allen Communauten des dFC mein Dank. Mal mehr, mal weniger.
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Geschrieben von

oi2503

Wat dem een sin uul is dem annern sin nachtigall

oi2503

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