Ein Smartphone fürs Gewissen

Fairphone Kein Ladekabel, keine Plastiktüte. Nur eine kleine Schachtel aus recycelter Pappe mit dem Aufdruck „This Is Your Phone“. Das Smartphone mit dem reinen Gewissen

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Zwei Jahre ist es nun her, seit ich zum ersten Mal rein zufällig über den Namen Fairphone stolperte. Irgendwo in einem Nischenartikel erschien das damals sogenannte „Ökohandy“. Es gab nur eine Konzeptzeichnung und jede Menge Ideen. Schlussendlich wurden über 25.000 Stück verkauft und die ersten 11.000 fast ausgeliefert. Und viele Ideen sind Wirklichkeit geworden.

Was steckt hinter dem Fairphone

Tatsächlich ist es dem gleichnamigen Hersteller gelungen, fast alle benötigten Metalle aus Minen zu bekommen, die nachweislich nicht einen örtlichen Bürgerkrieg oder andere ausbeuterischen Praktiken unterstützen. Damit alles glatt läuft und hier eine sichere Basis für dieses Unterfangen steht, arbeitet Fairphone mit Vereinen wie Solution for Hope zusammen. Aber auchfür den Herstellungsprozess in China achtet die Firma auf die Vorgaben der Internationalen Arbeiterorganisation (ILO). So kannaktiv auf den Arbeitsprozess Einfluss genommen werden, um beispielsweise die Arbeitsbedingungen grundlegend zu verändern. Dazu gehören ein fairer Lohn der zum Leben reicht oder akzeptable Arbeitszeiten bzw. ein Mitspracherecht der Arbeiter zu einigen Punkten, unter denen das Fairphone schlussendlich produziert wird.

Doch damit nicht genug. Fair bedeutet für die aus den Niederlanden kommenden Smartphone-Hersteller nicht nur für den Menschen fair, sondern auch für die Umwelt. So lassen sich der Akku sowie das Displayglas austauschen, was wiederum nicht direkt das ganze Smartphone im Müll landen lässt, wenn eines dieser Teile kaputt geht. Zudem wird für die Außenhülle recyceltes Polykarbonat verwendet. Grundsätzlich hat sich der Hersteller das Ziel genommen, ein faires Smartphone zu produzieren, welches technologisch keine Abstriche machen muss.

Ein Smartphone fürs Gewissen, nicht für die Leistung

Es ist schwerer und größer als ich dachte. Das war mein erster Gedanke. Verglichen mit meinem IPhone 3Gs erschien mir der 4,3 Zoll große Bildschirm zu wuchtig und unhandlich. Letzteres legte sich aber schnell. Denn nachdem die Sim-Karte (Dual-Sim) und der Akku eingebaut sowie der Startknopf gedrückt waren, verflog das Gefühl sofort.

Start a movement – Fairphone, der blaue Bildschirm mit der Schrift legte sich und ich fiel direkt vom Gefühl der Unhandlichkeit ins kalte Wasser des Android Betriebssystems. Wer als erstes Smartphone ein Apple-Produkt hat, der fühlt sich ziemlich alleine im Android-System. Es wirkt unübersichtlich, nicht logisch und irgendwie zu groß – so der erste Eindruck. Das minimalistische Apple-Design, welches einem jeden Schritt wie eine magische Hand abnimmt, ist hier nicht zu sehen. Alleine die unzähligen Einstellungsmöglichkeiten, Diagramme oder weiteren Knöpfe bei den WLan-Einstellungen, überforderten mich gleich zu Beginn. Nach kurzer Zeit aber merke auch ich, dass es nur ein Smartphone ist und dass viele der Funktionen für mich erst einmal keinen weiteren Nutzen haben. WLan auf on und den Play Store für die Apps gefunden, kann es auch schon losgehen. Twitter & Co werden geladen und automatisch installiert. Das geschieht alles im Hintergrund und beeinflusst auch nicht die aktuellen Tätigkeiten. Kein Ruckeln oder merkliche Verzögerungen lassen sich wahrnehmen.

Die Auflösung von 960 mal 540 Pixeln und der damit resultierenden Pixeldichte von 256 ppi zeigen alle Inhalte scharf da. Somit lassen sich 720p-codierte Videos abspielen – höhere leider nicht. Der Kontrast stimmt und das Touchpad funktioniert einwandfrei. Lediglich nach zwei Stunden ist mir doch negativ aufgefallen, dass der Akku auch hier schnell an Leistung verliert. Ob dies jetzt mit den geladenen und installierten Apps sowie dem WLan zusammen hing, kann ich noch nicht beurteilen. Zudem stürzte das Fairphone kurz nachdem ich die ersten Apps installiert hatte ab. Dies geschah allerdings, bevor ich das Update für das OS installiert hatte. Danach ließen sich keine weiteren Abstürze verzeichnen.

Die Akkulaufzeit beträgt nach meinen Erfahrungen circa vier Stunden, wenn dauerhaft und ohne Unterbrechung zwischen den Apps gewechselt oder gespielt wird. Nach dieser Zeit lag ich bei circa 10 Prozent Restlaufzeit. Ansonsten beträgt die reguläre Akkulaufzeit unter normaler Verwendung circa zwei bis drei Tage.

Die Kamera auf der Rückseite hat acht Megapixel, die Frontkamera 1,3. Beide Kameras machen scharfe Bilder, verlieren aber ihren Wert, sobald gezoomt wird.

Laut den jeweiligen Fachzeitschriften für Smartphones sowie den digitalen Redaktionen etlicher Magazine, scheint das Fairphone im technologischen Bereich der Mittelklasse anzugehören. Im Inneren des Fairphones arbeitet ein Mediatek-MT6589M-Quad-Core Prozessor mit einer Taktrate von 1,2 Gigahertz. Der Arbeitsspeicher ist ein Gigabyte groß, der eingebaute Flash-Speicher 16 Gigabyte. Dieser ist in einen Telefon- und einen internen Speicher aufgeteilt. Vergleiche zu anderen Smartphones lasse ich jetzt aus Erfahrungsgründen außen vor. Lediglich zum Thema Spiele auf dem Fairphone sei gesagt, dass laut dem Hersteller Fifa 2014 einwandfrei funktioniert.

Fazit: Fair hat seinen Preis

325 Euro hatte ich zu Beginn des Jahres gezahlt. Ein Vergleich für ein anderes Smartphone fehlt mir hier leider. Ich selber empfinde es nicht als teuer, wenn ich mir die Arbeitsschritte hinter dem Projekt ansehe. Dabei geht es nicht nur um den finalen Arbeitsprozess, sondern auch der Entwicklung einer solchen Idee. Ein hochkomplexes Produkt auf einen fairen und möglichst ökologischen Boden setzen, ist und war nicht leicht. Die Händler müssen gesucht und überprüft werden. Zudem muss immer bedacht werden, dass der Hersteller sein erstes Smartphone auf den Markt gebracht hat. Und schlussendlich werden 8,5 Prozent des Verkaufspreises an faire Projekte vor Ort (wie etwa im Kongo oder Indonesien) gegeben. Insgesamt lässt sich sagen: Das Fairphone hat eine erfolgreiche Landung abgegeben. Der Markt scheint dies zu bestätigen und die Entwicklung geht weiter.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Jelinek

Europäer 🇪🇺 & Anhänger der Menschlichkeit. @Peter_Jelinek

Peter Jelinek

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