Durch die Milchstraße und dann links weiter

Dietmar Dath Im Brecht-Haus konnte man 90 Minuten eintauchen in das Universums eines produktiven Schriftstellers

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Ausgerechnet von Springers “Welt“ als einer der „produktivsten Autoren“ Deutschland bezeichnet zu werden, muss doch eigentlich eine der größten Beleidigungen für einem Mann sein, der als bekennender Kommunist auch schon mal ein Lob auf Lenin verfasst hat. Doch das Zitat ist auf der Rückseite seines neusten Roman abgedruckt. Am Freitagabend konnte man im Brecht-Haus in Berlin in die Welt des Dietmar Dath eintauchen. Vorgestellt wurde dort sein neuester Scienes Ficton-Roman „Feldeváye. Roman der letzten Künste“. Das Buch handelt in einer fernen Zukunft, wenn die Erde schon längst unbewohnbar ist und es die letzten Überlebenden sich auf ferne Planeten außerhalb der Milchstraße verschlagen hat. Dor teilen sie den Planeten mit anderen Lebewesen, die nichts Menschenähnliches an sich haben, aber wohl denken und philosophieren können. Nach dem Textstellen zu urteilen, muss man sich Feldeváye als eine Art High-Tech-Station vorstellen, in der scheinbar viele Probleme mittels Technik gelöst werden und die Menschen bis zu 400 Jahre alt werden. Ist das schon der Kommunismus? Wohl doch nicht ganz. Eine Widerstandsbewegung entsteht und breitet sich aus, die nicht nur in den Namen eine große Ähnlichkeit mit der kommunistischen Bewegung hat.

Gegen den linken Radikalismus auch auf Feldeváye

Wie diese zerstreiten sich die Aktivst_innen, es entsteht eine Bürokratie und die Reformer_innen und Radikalen zerstreiten sich. Die Hauptfigur gehört eher den Bürokrat_innen an, hat aber oder gerade deshalb die Sympathie von Dath, der ja schon öfter den Realpolitiker Lenin und seine Schrift „Linksradikalismus – Die Kinderkrankheit des Kommunismus“ lobte. Wenn Dath nun die Bürokratin Kathrin positiv zeichnet und Radikale entweder als junge Fanatiker oder von Geheimdiensten erpresste Kader darstellt, setzt er diese Linie nur im Bereich der Scienes Fiction Literatur fort. Es ist frappierend, wie sich hier der politische und der literarische Dath ähneln.

Auch im anschließend Gespräch, dass der Publizist Florian Schmid mit Dath führte, hatte man öfter den Eindruck, hier würde man eigentlich über politische Fragen debattiert, die aber mit Vokabeln der Kunst und Literatur geführt werden. Dath gelingt, es in wenigen Sätzen gleich einen Parforceritt durch die Geistesgeschichte hinzulegen, zitiert mal Aristoteles, dann wieder Hegel und landet dann gleich bei Peter Hacks und Ronald Schernikau. Belesen ist der Mann und es macht auch Spaß ihm zuzuhören. Er versteht es größtenteils komplexe Zusammenhänge so darzustellen, dass man sie auch versteht, wenn man die erwähnten Bücher nicht gelesen hat. Dass ist nicht selbstverständlich und dafür sollte man Dath und Schmid auf jeden Fall loben. Auch seine Technikbegeisterung konnte man im Roman und im Gespräch immer wieder raus hören. Dath gehört zu den linken Denkern, die gerade in der Industrialisierung und Technisierung die Voraussetzung einer Welt der Gleichen und Freien sieht und sich damit angenehm von einem technikfeindlichen linken Mainstream abhebt. Nach dem Gespräch mit Dath trat erst einmal Schweigen ein.

Flucht in die Scienes Fiction

Dabei hätte es sicher viele Fragen an Dath gegeben. Wo beispielweise ist in seiner technizistischen Welt Platz für alle die Dinge, die auch in einer noch so perfekten Welt eine offene Wunde bleiben werden. Selbst wenn fast alle Krankheiten überwunden und die Menschen bis zu 400 Jahre alt werden sollten, wird der individuelle Tod nicht abgeschafft werden. Ernst Bloch hat sich in seinen Werk „Prinzip Hoffnung“ sehr ausführlich mit diesen Fragen befasst und verirrte sich teilweise in spirituelle Abwege. Es wäre interessant von Dath zu erfahren gewesen, wie er sich diesen Fragen stellt. Auch die Frage nach seiner Vorliebe für die Form der Scienes Fiction wäre sicher eine Diskussion Wert gewesen. Dath erklärte, dass er dort Dinge literarisch durchspielen könne, dürfte nur ein Teil der Erklärung sein. Ist in einer Zeit, in der der Kommunismus in der Realität so fern scheint, die Scienes Fiction auch eine Flucht in andere Welt? So haben sich auch in der DDR viele Schriftstellerinnen und Schriftsteller ferne Welten ausgedacht, als die Verhältnisse immer vernagelter wurden. Auch Daths Kunstbegriff, der ja im Roman eine zentrale Rolle spielt, wäre zu diskutieren. Ist er tatsächlich der Meinung ist, der Künstler würde den fordistischen Arbeiter ersetzen? Damit wäre er selber den Hype um die sogenannten Kreativen erlegen. Tatsächlich mag der Dienstleistungsbereich gewachsen sein. Doch nur ein kleiner Teil umfasst die sogenannte Kreativwirtschaft, die heute zum neuen Standbein des deutschen Wirtschaftsmodells erklärt wird. Es mag sein, dass Dath hier betriebsblind ist, weil er sich vor allen in diesen Kreisen bewegt. Dann empfindet er das Lob der Welt vielleicht doch nicht als Beleidigung. Schließlich ist ja Produktivität ein Schlüsselwort der neuen Kreativen.

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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