Es geschah im vollbesetzten Zug

jutta ditfurth überfallen Der Angriff auf eine der bekanntesten Linken in Deutschland ist ein Zeichen für die Faschisierung der Gesellschaft

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Es geschah nicht in der ostdeutschen Provinz und nicht nachts und in einer menschenleeren Ecke. Nein, im vollbesetzten ICE wurde die bekannte linke Publizistin Jutta Ditfurth von einen ihr unbekannten Mann zweimal mit einer Metallstange auf dem Kopf geschlagen, dass sie eine Gehirnerschütterung davontrug.

Jutta Ditfurth schilderte einige Tage später den Tathergang auf ihrer Facebookseite https://www.facebook.com/Jutta.Ditfurth/:

"Auf der Reise nach Freiburg am Freitag 23.3.2018 hat mir ein junger Mann mit einem Metallstock, den er dazu in beide Hände nahm, zweimal schnell und mit voller Wucht von hinten auf den Kopf geschlagen. Glücklicherweise gab es Zeug*innen und einen Rettungssanitäter im ICE. Es gab zuvor keinen Konflikt. Die Schläge kamen aus dem Nichts. Ob er mich erkannt hat weiß ich nicht. Von ihm weiß ich nur, dass er jung war, etwa 1.70 m groß, hellhäutig, deutsch sprach und eine dunkelrote Pudelmütze trug und einen Trolleykoffer in den Farben orange-schwarz. Ich hatte ihn vorher flüchtig gesehen und - wegen seines Metallstocks - für sehbehindert gehalten. Das war er definitiv nicht. Er zielte genau und die Zeug*innen waren der Meinung, das habe er nicht zum ersten Mal gemacht, weil es so schnell und geübt aussah. Schon der erste Schlag auf meinen Kopf hatte so laut geknallt, dass jemand den zweiten zu verhindern suchte. Aber der Schläger war schneller."

Vor vielen Menschen wurde Jutta Ditfurth angegriffen und der Täter konnte entkommen. Bemerkenswet ist, dass die Bahnangestellten nicht sofort die Polizei holten. Schließlich handelte es sich um eine Körperverletzung, vielleicht sogar eine schwere Körperverletzung, was erheblich bestraft wird. Wenn dann einige Fahrgäste gegen die Hinzuziehung der Polizei waren, weil dann die Zugverspätung noch ausgedehnter gewesen wäre, dann ist es nur absurd. Würden die Bahnangestellten auch auf die Hinzuziehung der Polizei bei Passagier_innen ohne Ticket verzichten, damit sich die Fahrt nicht verzögert? Besonders widerlich ist, dass auf rechten Homepages der Überfall auf Jutta Ditfurth in Zweifel gezogen wird, weil sie dann angeblich sofort umgefallen wäre und nicht noch die Veranstaltung in Freiburg hätte durchführen können. Dabei schildert sie genau die Symptome einer Gehirnerschütterung. Da dauert es immer einige Stunden bis sich die Folgen bemerkbar machen. Jutta Ditfurth ist seit Jahrzehten eine der bekanntesten Linken in der BRD, die auch immer wieder in Talkshows die Position der linken, außerparlamentarischen Opposition vertritt. Erst vor wenigen Monaten beim Talk mit Maischberger, trieb sie wo den rechtskonservativen CDU-Politiker Bosbach in die Flucht, weil der sich nicht anhören konnte, was Jutta Ditfurth über Polizeigewalt während des G20-Gipfels in Hamburg berichtet hat. Kürzlich lief der Film "Festival der Demokratie" an, der die Polizeigewalt in Hamburg dokumentiert und Jutta Ditfurth in allen Punkten bestätigt. Bossbach hat sich nie bei ihr entschuldigt. Auch in der Linken hat sich die linke Ökologin mit ihren Kampf gegen Antisemitismus, regressive Kapitalismuskritik und Verschwörungsdenken nicht nur Freund_innen gemacht. Doch der Überfall ist hier auch ein Lackmustext. Wenn Linke, die da mit Jutta Ditfurth Differenzen haben, schweigen oder gar klammheimliche Freude zeigen, entlarven sie sich selber. Der Überfall auf eine bekannte Linke in einen vollbesetzten Zug muss von allen, egal wie sie in Detailfragen zu Jutta Ditfurth stehen, nicht nur ganz eindeutig verurteilt werden. Es muss vielmehr ganz klar gemacht werden, dass ist ein Schlag auf den Kopf einer entschiedenen Kritikerin der Verhältnisse in Deutschland uns alle angegeht.

Peter Nowak

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Peter Nowak

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