Schutzschirm für Antisemiten und Ultrarechte

UkrainischeOppositon Von Rebecca Harms bis zur Bundesregierung kommt kein Wort der Distanzierung von der ultrarechten Bewegung innerhalb der ukranischen Opposition.

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Man muss wirklich nicht dem autoritären Putin-Regime irgendwelche emanzipatorischen Eigenschaften andichten. Auch nicht im Fall der Ukraine. Doch wenn der russische Außenminister auf der Münchner Sicherheitskonferenz die versammelten Politiker_innen fragt, warum sie dort mit keinem Wort auf den antisemitischen und ultrarechten Mob eingehen, der dort im Rahmen der Opposition agiert, Lenin-Denkmäler schleift, Regierungsgebäude besetzt und schon mal in den von ihnen kontollierten nationalbefreiten Zonen neben der ukrainischen Regierungspartei auch die Kommunistische Partei verbietet, dann sind nicht nur die anwesenden Vertreter_innen der Bundesregierung besonders angesprochen. Schließlich hat erst kürzlich die Bundeskanzlerin den Oppositionellen in der Ukraine ohne jegliche Differenzierung bescheinigt, sie würden die gleichen Werte wie „wir“ verteidigen. Und was macht die grüne Europaabgeordnete Rebecca Harms, die manche wohl weil sie aus dem rebellischen Wendland kommt, mit dem Prädikat links versehen? Sie bereiste mit einer EU-Parlamentsdelegation die Ukraine. Dabei kam kein Wort der Distanzierung vom rechten Mob, sondern eine Drohung, die nach bürgerlichen Kriterien demokratisch gewählte ukrainische Regierungmit Sanktionen, wenn sie nicht der Gewalt der Straße nachgibt.

Die Fortsetzung der akzeptierenden Jugendarbeit

Auch die Zivilgesellschaft will da nicht abseits stehen. So bringt es die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Viadrina-Universität in Frankfurt/Oder Susanne Worschech in einen Taz-Beitrag fertig, mit keiner Silbe die starke Rolle der ukrainischen Ultrarechten in der Protestbewegung zu erwähnen. Stattdessen macht sie Vorschläge, wie die ukrainische Bewegung noch mehr zivilgesellschaftlich gefördert und empowert werden kann. Man könnte sagen, hier soll der national befreiten Zone etwas EU-kompatibles Roche aufgetragen werden. Worschech setzt hier nur fort, was unter dem Stichwort akzeptierende Jugendarbeit bereits in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts in den meist ostdeutschen Provinzen eingeleitet wurde, als man dem rechten Mob dort Jugendzentren und andere Rückzugsgebiete spendierte und sie sich dafür als Nationale Jugend organisieren konnte.

Aufruf der Jüdischen Konföderation der Ukraine ignoriert

All die Worschechs, Harms und wie die Schönredner der national befreiten Zone in der Ukraine alle heißen, ignorieren die Realitäten, die so aussehen. "Die Leute haben echte Angst, in die Synagoge zu gehen. Das hat mir auch Oberrabbiner Yaakov Bleich bestätigt", erklärte der Präsident der Jüdischen Konföderation in der Ukraine Ayala Goldman im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. Er berichtete dort über zahlreiche antisemitische Angriffe durch die oppositionellen Nationalisten. Die Jüdische Konföderation in der Ukraine hatte einen offenen Brief an die westlichen Botschaften in Kiew gerichtet, in dem auf das Anwachsen der ultrarechten Kräfte in dem Land aufmerksam gemacht wird.

Zudem werden die Vertreter der westlichen Staaten aufgefordert, sich nicht mit der ultranationalistischen Swoboda-Partei an einen Tisch zu setzen. Sie spielt in der Oppositionsbemerkung eine starke Rolle und beruft sich auf Nazikollaborateure, die mit der deutschen Wehrmacht gemeinsam Juden und Kommunisten gejagt hatte.

Aufbau einer rechten Ordnungszelle Ukraine

Wenn es noch gelingt, den Aufruf einer rechten Ordnungszelle Ukraine zu verhindern, sollte man auf Russland blicken. Nicht weil die besonders emanzipatorisch sind. Doch die russische Seite hat dort schlicht andere politische und ökonomische Interessen und ist in dieser Frage ein Rivale gegenüber Deutschland. Nun bringt es die List der Geschichte manchmal mit sich, dass das Interesse eines absolut autoritären Regimes mit allgemeinen emanzipatorischen Interessen zusammenfallen kann. So wird der Sieg der Alliierten über das NS-Regime nicht im Ansatz davon tangiert, dass zu den Oberbefehlshabern der beteiligten Armeen auch ein Stalin oder Churchill gehörten.Die Rote Armee hat, bevor sie Auschwitz und andere deutsche Vernichtungslager befreite, erst einmal den ukrainischen NS-Kollaborateuren das Handwerk legen müssen. Die waren beim Judenmorden teilweise noch übereifriger als die NS-Strategen, die den Anführer der ukrainischen Nazis Stefan Bandera zeitweise in Ehrenhaft nahm. Doch immer, wenn sie gebraucht wurden, waren sie wieder bereit zum Mordgeschäft. Bandera flüchtete, wie viele NS-Verbrecher nach 1945 nach Westdeutschland, wo er in der schwarz-braunen Ordnungszelle München weiter die rechte Front im Kalten Krieg gegen den Bolschewismus aufbaute. 1959 wurde er, mutmaßlich von sowjetischen Agenten, in der Nähe seiner Münchner Wohnung vergiftet. Ob die deutsche Justiz noch nach Tatverdächtigen der objektiv antifaschistischen Aktion fahndet, ist unbekannt. Im Fall Kroatien zumindest setzte vor allem Deutschland durch, dassder jugoslawische Geheimdienstgeneral Josip Perkovic, ein mutmaßlich Verantwortlicher für den Tod eines kroatischen Ultrarechten in München im Jahre 1983, an Deutschland ausgeliefert wird. Deutschlands Politiker_innen von Merkel bis Harms nehmen ihre Fürsorgepflicht mit den Erb_innen der NS-Kollaborateure also ernst. Das zeigt sich in der Ukraine. Schließlich berufen sich viele der von Harms, Worschech und Merkel so abgefeierten Oppositionellen auf Bandera. Der der ersten Oppositionsbewegung nahestehende Präsident Wiktor Juschtschenko verlieh im den Titel „Held der Ukraine“. Der jetzige Präsident Janukowitsch erkannte ihm den Titel wieder ab. Dafür wollen die ukrainischen Rechten jetzt Revanche nehmen und die deutsche Politik liefert ihnen den Schutzschirm.

Die nichtrechte ukrainische Opposition unterstützen

Natürlich konzentriert sich der Beitrag stark auf die dominanten organisierten rechten Strömungen in der ukrainischen Protestbewegung, weil die von den hiesigen Politiker_innen und Medien oft kaum erwähnt werden. Es gibt natürlich auch Oppositionelle, die sich gegen die Rechten wehren und von ihnen deswegen erfolgt werden. Hier das Interview mit linken Gewerkschaftern, die von Rechten angegriffen wurden, als sie bei den Protesten Flugblätter verteilten.

Es wäre wünschenswert, wenn es mehr Kontakte zu den Teilen der Opposition geben würde, die sich auch gegen die rechte Dominanz auf den Demos wehrt. Ein guter Ort dafür ist die Galerie OKKI in Berlin-Wedding, wo die Fotografin Yevgenia Belorusets seit Freitag die Fotoausstellung "Euromaidan- Besetzte Räume" zeigt. Am Samstag abend gab es eine interessante Diskussion mit dem in Kiew geborenen in München promovierenden Soziologen Kyrylo Tkachenko.

Gute Hintergründe zu den ukrainischen Rechten:

http://www.konkret-magazin.de/aktuelles/aus-aktuellem-anlass/aus-aktuellem-anlass-beitrag/items/faschisten-gegen-europa.html

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Link zu Interview mit linken Gewerkschaftern, die von Rechten in kiew geschlagen wurden.

http://jungle-world.com/artikel/2014/02/49128.html

Hinweise zur Ausstellung:

EUROMAIDAN - Besetzte Räume
Fotoausstellung
31.01 - 15.02.2014
Öffnungzeiten: Do–So, 15–19 Uhr
Vernissage 31. Januar um 19Uhr. Prinzenstraße 29, Berlin-Wedding

http://www.kritische-kunst.org/

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Geschrieben von

Peter Nowak

lesender arbeiter

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