Wie ein Lenné-Park entpreußt wird

VERLANDET [1.0]" Der Lenné-Park des Schlosses Dahlwitz-Hoppegarten wird von 16 Künstlerinnen temporär umgestaltet.

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Wer möchte schon bei den aktuellen sommerlichen Temperaturen die Zeit in klimatisierten Museen und Galerien verbringen? Da bietet sich ein Besuch der diesjährigen Version der Open-Air-Ausstellung "VERLANDET [1.0]" im Lenné-Park des Schlosses Dahlwitz-Hoppegarten geradezu an. Dort ist das Künstlerinnenkollektiv Endmoräne in diesem Jahr angelandet. Die Besucher_innen können im schattigen Schlossgarten spazieren gehen und dort die Kunst entdecken.

16 Künstlerinnen aus Berlin und Brandenburg sind dort auf dem Gelände zu finden. Manche fallen sofort ins Auge und werden gleich genutzt. Dazu gehört die Sitzanlage mit den grünen Bänken, die Gisela Genthner gleich am Eingang des Parks platziert hat. Der Titel ist hier Programm „SitIn und find out“. Ob allerdings die Liege, die die Künstlerin Masko Iso an anderer Stelle im Garten aufgestellt hat, dem Titel „Einen Moment verweilen“ gerecht wird, wenn man nur herausfinden, wenn man sich drauflegt. Auch das Schlauchboot, das Gunhild Kreuzer auf der Wiese aufgestellt hat, kann bestiegen werden. Es bleibt aber eine Trockenübung, denn Schilder am Ufer des den

Park umgrenzenden Baches weisen daraufhin, dass es sich hier um ein Naturschutzgebiet handelt, dass nicht betreten werden soll.

Doch die Installation von Monika Funke Stern kann trotzdem betrachtet werden. Von der Ferne sieht aus, als hätte sie Regenschirme in den Sumpf gestellt. Doch es sind große Pilzmutanten, die da in die Landschaft platziert wurden. Beim Betrachten fragt man sich, ob der alte umgestürzte Baum, der dort sicher schon einige Zeit liegt, nicht auch Teil der Kunstinstallation ist. Es ist sowieso zu empfehlen nicht nur die Installationen aus dem Bereich der Minimalkunst sondern auch die Umgebung in den Blick zu nehmen. Schließlich gibt es eine ganze Kunstrichtung, die aufwendig versucht, die Natur in Galerie und Museen zu bringen. Dabei ist es doch viel reizvoller, die Kunst in die Natur zu bringen, die allerdings natürlich auch von Menschen gemacht ist, was bei manchen romantischen Naturbeschreibungen gerne vergessen wird.

Von der Zurichtung der Natur

Doch allein der Name des Parks in Dahlwitz-Hoppegarten weist auf die Rolle des Menschen bei der Zähmung und Zurichtung der Natur hin. Peter Lenné war der führende Gartenbeauftragte des preußischen Feudalregimes. und war für viele Gartenprojekte verantwortlich, die heute im Zeitalter der preußischen Renaissance in Deutschland zu Touristentreffpunkten ausgebaut werden. Schließlich lässt sich so mittels einer unpolitische Freizeitbeschäftigung die Preußen-Nostalgie fördern. Denn irgendwo in den Park steht meistens in Form von Denkmälern steingewordene Propaganda für einen Obrigkeitsstaat, dessen Gartenbeauftragter Lenné war.

Künstlerische Strategie der Entpreußung?

Die Frage, wie mit diesen Gärten umgehen, stellt sich natürlich. Die Open-Air-Ausstellung in Dahlwitz gibt eine Antwort. Hier wird mittels kleiner künstlerischer Eingriffe tatsächlich vielleicht unbeabsichtigt der Lenné-Park entpreusst. Allein die spielerische Aufforderung, doch einmal auszuruhen und Müßiggang zu üben, ist das Gegenteil der Ideologie von preußischer Pflichterfüllung rund um die Uhr. Es wäre zu wünschen, dass Endmoräne auch in den nächsten Jahren an den Open-Air-Ausstellung festhält. Schließlich gibt es in der Berliner Umgebung noch genügend Parks, die gegen die Intention ihrer preußischen Erfinder künstlerisch umgestaltet werden könnten.

Peter Nowak

Bis 23. Juni kann die Open-Air Ausstellung noch 12 bis 18 Uhr besucht werden. Der Eintritt ist frei.

Lenné-Park des Schlosses Dahlwitz-Hoppegarten, Rudolf-Breitscheid-Str. 39, 15366 Dahlwitz-Hoppegarten / Landkreis Märkisch-Oderland

www.endmoraene.de

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Geschrieben von

Peter Nowak

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