Angela Merkel ist zur Kanzlerin gewählt worden. Das ist für eine Große Koalition und ihre erdrückende Mehrheit nicht überraschend. Bemerkenswert aber ist, dass 42 Abgeordnete aus dem Regierungslager nicht für die Kanzlerin stimmen wollten. Nach der strahlend-fröhlichen Inszenierung mit der die Unterzeichnung des Koalitionsvertrags am Montag über die Bühne gebracht wurde, ist das jetzt eine kalte Dusche.
Ob es nun Sozialdemokraten oder Unionsabgeordnete waren, die Merkel die Gefolgschaft verweigert haben, wird sich nicht klären lassen. Sicher aber ist, dass es auf beiden Seiten Unzufriedenheit über das Regierungsprogramm von Merkel III. gibt. Den einen ist es sozial nicht ausgewogen genung, den anderen ist vieles zu wirtschaftsfeindlich. Das größte Defizit ist jedoch: Es gibt keine Perspektive, kein Projekt für dieses Bündnis. Die Republik bleibt mit diesem Koalitionsvertrag deutlich unter ihren Möglichkeiten.
Eine Große Koalition ist nicht der Normfall der Politik, sondern der Ausnahmezustand. Auf Dauer tut es der Demokratie nicht gut, wenn eine erdrückende Mehrheit einer kleinen Opposition gegenübersteht. Aber wenn es denn dazu kommt, sollten die Parteien diese Mehrheit nutzen, um über große, ungelöste Probleme nicht nur einen politischen, sondern auch einen gesellschaftlichen Konsens zu erzielen. Und davon gibt es einige: Das Gesundheitssystem ist so nicht zukunftsfähig. Die Besteuerung der Menschen ist ungerecht und vertieft die soziale Spaltung. Die organisierte Kleinstaaterei des Bildungssystem beschädigt die Zukunfstchancen. Das Rentensystem in seiner jetzigen Form wird dem demographischen Wandel nicht gerecht. Die jetzt vereinbarte pragmatische schwarz-rote Politikverwaltung wird dran nichts ändern. Diese Koalition will es ja auch gar nicht.
Es gibt zwar einige Missstände, um die sich SPD und Union kümmern wollen. Die Einführung eines Mindeslohns wird diese Republik verändern, auch wenn er erst 2017 kommt. Die Einschränkungen bei der Leiharbeit sind notwendig. Auch die Mütterrente ist richtig. Aber die Gesellschaft wird so nicht gestaltet, sondern nur besser verwaltet. Dieses Bündnis ist es nicht wert, eine volle Legislaturperiode zu überdauern.
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