Der falsche Mann

Gesundheitsminister Wenn heute die Spitze von Union und SPD Hermann Gröhe als Minister für Gesundheit vorstellt, dann bewist sie damit: Inhalte sind ihr scheißegal!

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Wenn heute die Spitze von Union und SPD Hermann Gröhe als Minister für Gesundheit vorstellt, dann beweist sie damit: Inhalte sind ihr scheißegal!

Zeigen lässt sich das an ein paar Punkten. Zuerst: Hermann Gröhe weiß so viel über das Gesundheitswesen, wie die Queen über Black Metal. Er ist schlicht nicht qualifiziert für die Stelle.

Studiert hat er Jura, gearbeitet hat er als Berufspolitiker und interessiert hat er sich für alles nur nicht für Gesundheit. Er hat die Stelle vermutlich bekommen, um ihn für seinen Einsatz im Wahlkampf zu belohnen. So lauten die Gerüchte.

Eine Begründung, die schlimmer nicht sein könnte, bedenkt man, welche Aufgaben der Gesundheitsminister in dieser Koalition anpacken muss: Er sollte die Pflegeversicherung neu organisieren, das System der gesetzlichen und privaten Versicherungen erneuern; also kurz ein System schaffen, das für die Probleme des 21. Jahrhunderts bereit ist. demographischer Wandel, steigende Kosten für Medikamente und resistente Erreger dienen hier nur als Stichwörter. Von all diesen Themen hat Gröhe schlicht keine Ahnung.

Dass er keine Ahnung hat, wäre weniger schlimm, wenn es nicht Kandidaten gäbe, die weit besser geeignet wären. Lange handelten viele Karl Lauterbach als heißen Kandidaten auf den Posten. Er ist der Gesundheitsexperte der SPD und in Deutschland wohl einer der qualifiziertesten Menschen für die Stelle. Er hat Medizin studiert, in Harvard über Gesundheitsökonomie promoviert und lehrte lange als Professor in Köln zum Thema Gesundheit. Er soll daran gescheitert sein, dass die SPD eine Geschlechter-Quote für ihre Minister einführte. Eigentlich eine gute Entscheidung, schade nur, dass sie damit eine historische Chance vergeben hat: Lauterbach kämpft wie wenig andere für eine Krankenversicherung, an der sich alle Bürger beteiligen, wer dann noch mehr Service will, kann sich private Zusatzversicherungen buchen. Ein wichtiger Schritt, um eine Zweiklassen-Medizin in Deutschland zu bekämpfen.

Aber selbst, wenn man von so historischen Schritten einmal absieht und sich nur einen kompetenten Minister wünscht, hätte die Union bessere bieten können: Etwa Ursula van der Leyen. Die Ich-kann-alle-Ministerien-Frau kann eigentlich wirklich ein Ministerium: jenes für Gesundheit. Sie hat Medizin und später Public Health studiert. Auch sie wäre eine kompetente Ministerin. Ihr soll das Amt zu wenig wichtig gewesen sein, was dann doch eher gegen ihre Kompetenz spricht. Jetzt wird sie wohl Verteidigungsministerin. Was auch immer sie davon versteht.

Die Wahl Hermann Gröhes als Gesundheitsminister zeigt, dass Macht und Posten in der großen Koalition vor Inhalten stehen. Sie zeigt, dass es der Spitze von SPD und CDU darum geht, Menschen zu belohnen und nicht sie dort einzusetzen, wo sie gute Arbeit leisten. Sie zeigt, dass sich ein politisches System entwickelt hat, in dem der schöne Schein, vor Inhalten steht.

Die Folgen erleben wir nicht jetzt, sondern in ein paar Jahren: Wenn es keine Menschen gibt, die demente versorgen; die Preise für Medikamente weiter steigen und am Ende vielleicht unser Gesundheitswesen kollabiert. Aber immerhin haben wir Hermann Gröhe für seine tolle Arbeit im Wahlkampf belohnt. Immerhin etwas.

Geändert am 16.12.2013 (10:24Uhr) Herbert zu Hermann

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Geschrieben von

Rasmus Cloes - Gesunde Skepsis

Jeden Tag erwacht ein neuer Prophet und erzählt, was gesunden lässt: Morgensex, Kaffee oder Prozac. Ich prüfe ihre Steintafeln.

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