Zur "sozialistischen Familienpolitik" des Augusto Pinochet

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"Jetzt lässt die FDP Familien komplett fallen. 'Für die Armen Gutscheine, für den Rest gar nichts' - nach diesem Motto betreibt die FDP Familienpolitik." Dies sei "ein weiterer Beweis dafür, dass die FDP inhaltlich konzeptlos herumschlingert zwischen Klientelpolitik für Superreiche und sozialistischer Familienpolitik à la Pinochet", so hat es Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer der Leipziger Volkszeitung gesagt. Und so kann es seit gestern 10:47 h von aller Welt im Internet nachgelesen werden ( www.presseportal.de/pm/6351/1637260/leipziger_volkszeitung ).

Und wer Geschichte nicht nach bayerischem Lehrplan gelernt hat, der wird sich verwundert die Augen reiben und schnell bei Wikipedia nachschlagen:

"Ende 1974 wurden die wichtigsten Ministerien mit Ökonomen an Stelle der Militärs besetzt. Dabei handelte es sich um Mitglieder der Chicago Boys, einer Gruppe chilenischer Wirtschaftswissenschaftler, die wirtschaftsliberale Reformen einleiteten.[6] Nahezu alle Staatsunternehmen wurden privatisiert, Sozialausgaben wurden verringert und eine Preisliberalisierung und restriktive Geldpolitik mit dem Ziel der Inflationsverringerung betrieben.[7] Milton Friedman bezeichnete es später als „Wunder von Chile“, dass ein diktatorisches Regime bereit war Reformen zu unterstützen, welche den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft stark reduzierten." ( de.wikipedia.org/wiki/Augusto_Pinochet ).

So, nun ist es raus. Endlich ist Milton Friedman als das entlarvt, was er schon immer war: ein Sozialist. Und jetzt wird auch endlich verständlich, weshalb wir eine Welt-Finanz-Krise haben. Alles ein Komplott der Chicago Boys zur Zerstörung des Kapitalismus. Alle gekauft vom KGB. Dumm nur, dass man vergessen hatte, Gorbatschow Bescheid zu sagen. So hat der den Sowjetsozialismus geschreddert und jetzt steht niemand zur freundlichen Übernahme bereit.

Oh Haderthauer, konntest du uns nicht früher aufklären? Und deinen Chef, den Seehofer gleich mit dazu ( www.handelsblatt.com/politik/deutschland/seehofer-auf-distanz-bayerns-familienministerin-vergleicht-fdp-mit-pinochet;2608275 )?
......
Ja, die CSU und Chile. Es ist eine alte Geschichte. Bereits F.J. Strauß hatte Probleme bei der richtigen Zuordnung. Als er 1973 mal kurz vorbeischaute, war er geradezu verzückt von dem, was er dort sah: „Angesichts des Chaos, das in Chile geherrscht hat, erhält das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang.“ Wie anders dagegen die Zustände in Deutschland unter Willy Brandt:

"In einer Rede beim Politischen Aschermittwoch 1975 bezichtigte Strauß die SPD-geführte Bundesregierung, „einen Saustall ohnegleichen angerichtet“ zu haben." 1977 schließlich hielt Strauß den Saustall nicht mehr aus. Agesichts der Entführung von Hanns Martin Schleyer haute er in der Bonner Krisenrunde mal so recht chilenisch auf den Tisch:

"Dort brachte er den Gedanken ins Spiel, die inhaftierten RAF-Terroristen von seiten des Staates als Geiseln zu nehmen und gegebenenfalls zu erschießen." Angesichts solchen enormen Einfühlungsvermögens in die Pinochetsche Denkungsart erhielt er 1977 folgerichtig die Ehrendoktorwürde der Rechtswissenschaft und besuchte, dem Anlaß angemessen, auch gleich die "Colonia Dignidad, eine bereits damals wegen ihrer Menschenrechtsverletzungen umstrittene Kolonie von mehr als 200 Auslandsdeutschen" ( de.wikipedia.org/wiki/Franz_Josef_Strau%C3%9F ).

Ach ja, bevor ich es vergesse: der Vollständigkeit halber noch ein kleiner Wikipedia-Hinweis auf den süßen Klang von Pinochets sozialistischer Familienpolitik:

"Unmittelbar nach dem Putsch gab es die meisten Opfer, sowohl von Folterungen wie von politischen Morden. Allein am 11. September wurden 2.131 Menschen aus politischen Gründen verhaftet, bis Ende des Jahres waren es 13.364. 43 % der Opfer wurden von Carabineros (Polizisten) verhaftet und weitere 30 % von Soldaten des Heeres (der Rest meist von Angehörigen von Luftwaffe und Marine oder Geheimdiensten). Opfer waren vor allem Mitglieder und Sympathisanten von Regierung, Linksparteien und Gewerkschaften. Die Festnahmen erfolgten meist in Fabriken, Universitäten und Gebäuden von Regierung, Linksparteien und Gewerkschaften. Oft wurden fast alle Anwesenden massenweise verhaftet. Öffentliche Gebäude wie Stadien, Konferenzhallen und Schulen wurden zu Konzentrationslagern umgerüstet. Der berühmteste Fall ist das Estadio Nacional, in dem alleine mehr als 40.000 Gefangene zusammengetrieben worden sind. Darüber hinaus gab es in Pisagua und Chacabuco ein KZ und die berüchtigte Colonia Dignidad wurde ebenfalls zu Folterungen benutzt...
...Insgesamt wurden vermutlich etwa 3197 (gesicherte Anzahl der Opfer) bis 4000 Menschen während der Diktatur ermordet..." ( de.wikipedia.org/wiki/Putsch_in_Chile_1973 ).

Na, bei dieser Art von Bevölkerungspolitik würde sich mancher Elitefreund hierzulande aber freuen. Weg mit dem sozialistischen Gesocks. Dann klappt's auch wieder mit dem, Wachstum.....Warum ist Haderthauer bloß gegen Pinochet?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

seriousguy47

Anglophiler Pensionär und Flüchtlingsbetreuer aus Stuttgart.

Wehrdienst, Studium ( Anglistik, Amerikanistik, Empirische Kulturwissenschaft, Sozialpädagogik) , Praktikum ( Primärtherapie), Lehramt, Flüchtlingsbetreuung

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