Diese Brüder sind vielleicht nicht von schlechten Eltern, aber doch dümmer als die Polizei erlaubt: Moe, Curly und Larry, besser bekannt als die drei Stooges.
Ihre produktivste Zeit waren die dreißiger und vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als sie wie am Fließband Zweiakter für Columbia Pictures produzierten. Unter den rund 200 Kurzfilmen befinden sich programmatische Titel wie Violent is the Word for Curly und Nutty but Nice, womit die Stooges-Formel auch schon erschöpfend beschrieben wäre.
In die Filmgeschichte eingegangen sind sie als Experten für krude Körperkomödien und Brachialslapsticks. Nicht nur das Konversationsniveau wurde in diesem Familienverbund stets so niedrig gehalten, dass selbst der beschränkteste Marx-Brother- Harpo im Vergleich wie ein alerter Ivy-League-Absolvent wirkt.
Proletarier mit Torte
Die Stooges der klassischen Studiojahre waren proletarische Underdogs. Allerdings fehlte ihnen das Klassenbewusstsein; das Revolutionsziel bestand in Sinnbefreiung. Meist gaben sie sich familienintern heftig auf die Nuss, mit Torte, Hammer, Kneifzange. Beliebt auch, dem nächsten Verwandten mit Zweifingertechnik direkt ins Auge zu drücken. Als filmisches Modell ergab diese Regressionsfeier eine leicht reproduzierbare Komödienform, die wie ein hartnäckiger Modernisierungswiderstand aus der Stummfilm-Ära in das elegante Zeitalter der Screwball-Komödien hineinragte.
Um die gut geölte Vaudeville-Komödienmechanik in die Gegenwart zu transferieren, sie abzulösen von den Original-Stooges-Körpern bedarf es einiger Übersetzungsleistungen. Peter und Bobby Farrelly, verantwortlich für zwei wunderbar präzise und entspannte Blicktheoriekomödien (Schwer verliebt, 2001, Unzertrennlich, 2003), lösen das Problem in ihrer Aktualisierung (deutscher Untertitel: Drei Vollpfosten drehen ab) über offensiv inszenierte Anachronismen: von den Originalsoundeffekten über eine Episodenstruktur mit Zwischentiteln bis zum Old-School-Kostüm und -Vokabular der Brüder.
Nostalgieeffekt
Als unzeitgemäße Helden werden die reanimierten Stooges (gespielt von dezidierten Nicht-Stars: Sean Hayes, Chris Diamantopoulos und Will Sasso) erst in die vertraute Welt eines aus der Zeit gefallenen Waisenhauses gestellt, dann aber schnell mit der harten Realität konfrontiert. Die Einrichtung steht vor der Schließung, schuld sind Versicherungspolicen, die aufgrund der Brüder-Eskapaden unbezahlbar geworden sind.
Also machen sich die Stooges auf die Reise – und landen in der Gegenwart des heutigen US-Fernsehmainstreams, in dem neben Casting-Shows vor allem Reality-TV-Formate regieren. Moe findet sich schließlich in der italoamerikanischen Hausgemeinschaft von Jersey Shore wieder, der die US-Popkultur eine Trash-Ikone wie Nicole „Snookie“ Polizzi verdankt. Der Anführer der Stooges lässt sich durch den ihn umgebenden Reality-Wahnsinn nicht irritieren und zieht auch vor veränderter Medienkulisse sein erprobtes Komödienrepertoire durch. Der gewünschte Nostalgieeffekt stellt sich ein: Würdevoll hebt sich der historische Klamauk vor der Folie heutiger Lowbrow-Unterhaltung ab.
Der einzige Versuch, den filmgeschichtlich überlieferten Gestencode mit zeitgenössischen Comedysignalen ins Gespräch zu bringen, bleibt an Larry Davids (Curb your Enthusiam) Performance als Sister Mary-Mengele hängen. Ihr wird bereits im Prolog recht grob der Zahn gezogen. Nichts und niemand soll die Hommage stören.
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