Herausforderung für Südafrikas ANC

Wahlen 2014 Sind Julius Malema und seine „Economic Freedom Fighters“ (EFF) eine ernsthafte Gefahr für den regierenden African National Congress (ANC)?

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Die Gefahr, bei den Parlamentswahlen 2014 abgewählt zu werden, besteht freilich nicht fuer den ANC, aber die EFF entwickeln sich zu einer ernsthaften Herausforderung.

Zur Erinnerung: Julius Malema sowie einige seiner Mitstreiter wurden im April 2012 aus dem ANC ausgeschlossen. Von 2008 bis zu diesem Zeitpunkt war Malema Vorsitzender der ANC Jugendorganisation (ANC Youth League – ANCYL). Seine Forderungen nach Verstaatlichung der Bergbauindustrie sowie nach einer radikaleren Bodenreform einschließlich Landnahme ohne Kompensation stoßen bei den herrschenden Kreisen auf wenig Gegenliebe. Der tatsächliche Anlass für den Ausschluss war jedoch Malemas respektloser Umgang mit politischen Autoritäten im ANC, insbesondere Präsident Jacob Zuma. Ein Höhepunkt war die Erstürmung einer Sitzung des Nationalen Exekutivkomitees des ANC. Auch waren und sind Malemas öffentliche Auftritte meist konfrontativer Art mit zunehmend aggressivem Charakter. So pfutschte er, beispielsweise, in die Außenpolitik des Landes hinein, als die ANCYL-Führung zum Sturz der Regierung des Nachbarlandes Botswana aufrief.

Die populistische Art Malemas, der in Volkes Mund den Spitznamen „JuJu“ hat, war jedoch nicht immer Anlass zu Kummer im ANC. Vor dem historischen Parteitag in Polokwane 2007, auf dem der damalige ANC- und Staatspräsident Thabo Mbeki ab- und Jacob Zuma zum ANC-Vorsitzenden gewählt worden waren, vor dieser Konferenz standen die ANCYL sowie der Gewerkschaftsverband COSATU an der Spitze heftiger Kampagnen gegen Mbeki und für Zuma. Die Sprüche von damals sind noch in guter Erinnerung. „Ich würde für Zuma töten“, oder „100% Zulu Boy“. Jetzt stellt sich Julius Malema vor die Mikrofone und enstchuldigt sich dafür, dass er dem Volk einen „Sänger“ zum Präsidenten „gegeben“ hat. (Jacob Zuma singt gerne, während seiner Reden.) Einmal abgesehen von der politischen Wende des JuJu, was ja durchaus gute Gründe haben kann, spiegelt diese Aussage seine Selbsteinschätzung als Königsmacher wider.

Nun hat es in der über hundertjährigen Geschichte des ANC immer wieder Abspaltungen gegeben, die allesamt in die politische Bedeutungslosigkeit führten. Angefangen vom PAC in den 1950er Jahren bis hin zu COPE (Congress of the People – nach der Polokwane-Konferenz von abgewählten und schmollenden ANC-Führern gegründet).

Mit Malemas EFF könnte der Fall diesmal anders liegen. Zum einen hat sich der ANC selber verändert. Nach siegreichem Gipfelsturm (dem Ende des Apartheidregimes 1994) weist die älteste nationale Befreiungsbewegung des afrikanischen Kontinents beim mühsamen „Weg durch die Ebene“ Verschleißerscheinungen auf und trägt Blessuren davon. Der 1994er Kompromiss des ANC mit dem „ancien régime“ brachte Südafrika einen politischen Machtwechsel zu einer konstitutionellen Demokratie. Die wirtschaflich Mächtigen blieben unangetastet, ja, sie profitierten vom Ende der Apartheid, so wie sie zuvor von der Apartheid profitiert hatten. Die neue politische Machtkonstellation schuf auch Bedingungen für das Entstehen einer schwarzen Eliteschicht. Der Großteil der schwarzen Bevölkerung lebt jedoch nach wie vor in Armut, und verharrt sozusagen seit 20 Jahren in der „Warteschleife“. Für diesen Teil der Bevölkerung hat sich die Hoffnung auf gleichberechtigte Teilhabe und Teilnahme am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben noch nicht erfüllt. Korruption, Vettern- und Misswirtschaft tragen ihren Teil dazu bei, das es so ist, wie es ist. Zwar ist Südafrika iheute nicht mehr „Pariah der Welt“ (Mandela), sondern ein Land mit der größten Ungleichheit zwischen Reich und Arm.

Die Folgen sind fatal und treffen vornehmlich die traditionelle Wählerbasis des ANC: Die Arbeiter und die armen Schichten in den ländlichen Gebieten sowie die (schwarze) Jugend. Die Arbeitslosenrate ist skandalös hoch – an die 40% der arbeitsfähigen Bevölkerung. Die Rate der Jugendarbeitslosigkeit beträgt sogar 52%.

Das Marikana-Massaker im August 2012 und dessen Folgen tun ein übriges. Mit dem Gespür des Populisten weiß Malema, dieses fatale Ereignis für sich nutzbar zu machen. Er war der erste Politiker, der nach dem schrecklichen Ereignis zu den Minenarbeitern sprach. Seit mehr als einem Jahr schleppt sich nun die staatliche Untersuchungskommission unter Richter Gordon Farlam dahin, ohne greifbare Ergebnisse. Der Anwalt der Angehörigen der Opfer von Marikana, Dali Mphefu, ANC-Mitglied seit über 30 Jahren, ist jüngst den EFF beigetreten.

Dies sind die Kerben im sozialen Gefüge, in die Julius Malema und seine EFF hauen. Ihr Versprechen, das Rad herumzudrehen und Südafrika wieder auf den „richtigen Weg“ zu bringen, könnte auch manche(n) ANC-Wähler(in) dazu verleiten, „denen da oben“ ´ne Nase zu drehen.

Hinzu kommt, dass bei der Wahl 2014 erstmals die so genannten „born frees“ wählen dürfen. Das sind Erstwähler(innen), die 1994 und danach geboren wurden. Sie tragen nicht den „Ballast“ des „struggle“, des Befreiungskampfes auf ihrem Buckel, wie ihre Eltern. Die EFF erreichen auch die Unzufriedenen, für die die liberale Oppositionspartei DA (Democratic Alliance) nicht wählbar ist, weil sie dort eher weiße Interessen vertreten sehen.

Bei den Wahlen 2014 in Südafrika wird der ANC aller Wahrscheinlichkeit nach seine Mehrheit im nationalen Parlament halten können. Wie die Dinge jetzt stehen, wird er aber erhebliche Stimmeinbußen hinnehmen müssen.

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