Arme FDP

Kommentar Die Niedersachsen-Wahl hätte für die FDP die Chance für einen Neuanfang sein können. Jetzt steht sie da als Anhängsel der CDU und Phillip Rösler wird sie auch nicht los

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Es hätte alles so schön sein können: die FDP scheitert in Niedersachsen knapp an der Fünf-Prozent-Hürde, noch am Wahlabend tritt der für Führungspositionen schlicht ungeeignete Phillip Rösler von allen Ämtern zurück und Rainer Brüderle übernimmt den Posten des Parteivorsitzenden. Bis zur Bundestagswahl scharrt Brüderle die Partei mit Erfahrung und Herz hinter sich und bereitet die mittelfristige Übernahme der Partei durch ihre personifizierte Zukunft Christian Lindner vor. Einen neuen Wirtschaftsminister hätte man dann auch noch gefunden.

Und jetzt das: Mit 9,9 Prozent der abgegebenen Stimmen fährt die FDP in Niedersachsen das beste Ergebnis ihrer Geschichte ein, ein Desaster.

Ein turbulenter Vormittag hat heute gezeigt, dass es der FDP unter diesen Umständen nicht gelingt, Phillip Rösler so richtig loszuwerden. Er bleibt Parteivorsitzender, Rainer Brüderle wird Kopf und Gesicht für den Wahlkampf.
Wie hätte die FDP Rösler auch vor die Tür setzen sollen, vor allem: mit welcher Begründung?
Hätte sie sagen sollen: „Wir haben in Niedersachsen eigentlich ein desaströses Ergebnis eingefahren, die meisten unserer Stimmen sind Leihstimmen, sind also Ausdruck unserer Schwäche, nicht unserer Stärke“?
Hätte sie darauf verweisen sollen, dass sie in Niedersachsen nichts weiter ist als eine kompetenzlose Hülle, ein Steigbügelhalter für die CDU?
Hätte sie all dies feststellen sollen um es dann ihrem Vorsitzenden vorwerfen zu können?

Eine derart offene Selbstdemontage ist eigentlich undenkbar. Und deswegen mussten sich jetzt Rössler und Brüderle hinstellen und sich freuen, sich freuen, als wüssten sie nicht, was in Niedersachsen tatsächlich stattgefunden hat.

Die FDP hat mit 9,9 % ihr bestes Ergebnis in Niedersachsen eingefahren und sieht damit aus wie ein Schuljunge, dem die Mutter neue Klamotten gekauft hat, aber leider auf Zuwachs, leider zwei Nummern zu groß.

Anstatt sich endlich daranzumachen wieder mehr zu werden als eine Steuersenkungs- und Wirtschaftswachstumspartei, ist die FDP gestern für alle sichtbar zu einem Anhängsel der CDU geworden, ja ist von der CDU dazu gemacht worden, durch eine kaum verhohlene Zweitstimmenkampagne.

In dieser Abhängigkeit sollte sich die FDP auf Bundesebene keine großen Sprünge erlauben. Wie ein Schoßhund sollte sie brav sein und darauf hoffen, dass die CDU ihr im Herbst noch mal Futter gibt. Gewiss ist das keinesfalls. Denn sollte die SPD den Rückenwind aus Niedersachsen nutzen und sich in den nächsten Monaten der CDU annähern, könnte eine erneute Zweitstimmenkampagne zu folgender Konstellation führen. Die SPD wird vor der CDU stärkste Kraft und Piraten und Linkspartei sorgen dafür, dass es weder für Schwarz-Gelb noch für Rot-Grün reicht. Dann wird Peer Steinbrück Bundeskanzler, mit der CDU als Juniorpartner.

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