Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat geschafft, wovon jeder PR-Manager träumt: bloß einen Brief schreiben, und die Aufmerksamkeit für die eigene Arbeit vervielfacht sich.
Eine „Erweiterung und Verschärfung“ des Paragraphen zur Abgeordnetenbestechung sei notwendig, heißt es in einem Rechtsgutachten des Dienstes, das der Netzpolitik-Blogger Markus Beckedahl kürzlich ins Internet stellte. Auch „übermäßig dotierte Nebentätigkeiten“ ließen sich unter Strafe stellen, ohne Probleme mit dem Verfassungsgericht zu bekommen.
Erstellt wurde die Studie schon im Jahr 2008, und der größte Skandal ist wohl, dass ihr Fazit bis heute keine Folgen gezeitigt hat. Wahrscheinlich wäre das auch nach der Veröffentlichung auf netzpolitik.org so geblieben, hätte die Bundestagsverwaltung nicht unfreiwillig für Aufmerksamkeit gesorgt.
Befreite Dokumente und Bürgerrecht
Sie forderte Beckedahl per Einschreiben auf, die Datei aus dem Netz zu entfernen. Beckedahl weigerte sich und veröffentlichte stattdessen auch das Schreiben. Das wiederum stachelte einige solidarische Leser an, das Gutachten ihrerseits herunterzuladen. Inzwischen liegt die Datei an zahllosen Stellen im Netz zum Download bereit. „Sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, werden wir diese selbstverständlich führen. Uns geht es bei der Aktion darum, mehr Aufmerksamkeit auf die bizarre Situation der ungelösten Abgeordnetenkorruption zu werfen“, sagte Beckedahl dem Freitag.
Die Episode weist allerdings über die Debatte um die Transparenz von Politikereinkünften hinaus. Schon heute hat jeder Bürger das Recht, die immerhin steuerfinanzierten Gutachten des Bundestags anzufordern. Die Veröffentlichung der Papiere und Dateien verbietet der Bundestag freilich bisher regelmäßig unter Verweis auf das Urheberrecht.
Und so zeigt der Fall ebenso, dass es im Streit um ein neues Urheberrecht nicht bloß um die Legalisierung von Song- oder Videokopien geht. Es ist ebenso ein Kampf um Bürgerrechte. Beckedahl wäre es jedenfalls recht, wenn der Fall vor Gericht landet. So ließe sich nämlich feststellen, ob das deutsche Informationsfreiheitsgesetz ein Recht auf Veröffentlichung von angeforderten Unterlagen einschließt: „Wenn Bürger ihre Kontrollfunktion ausüben sollen, dann müssen sie auch das Recht haben, befreite Dokumente im Original zu publizieren.“
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