Der Veränderer

Nelson Mandela Der südafrikanische Präsident, der einst als Terrorist bezeichnet wurde, war mehr als bloß eine historische Figur. Er hat den Kurs der Geschichte geändert

Präsident Nelson Mandela hat in der Geschichte Südafrikas und der Welt wahrlich Veränderung bewirkt. Mein Herz wiegt schwer angesichts seines Hingangs. Doch wir sind beruhigt, denn sein Leben war erfüllt und wir wissen, dass die Spuren, die er auf unserer Welt hinterlassen hat, von ewiger Dauer sein werden.

Sollte die Wendung “Leid formt den Charakter, der Charakter formt den Glauben und am Ende wird der Glaube nicht enttäuschen“ jemals Gültigkeit gehabt haben, dann im Leben Nelson Mandelas.

Obwohl Mandela 25 Jahre und acht Monate in Robben Island inhaftiert war, hat er nie den Glauben daran verloren, dass die Freiheit für die Menschen Südafrikas gewonnen werden würde. Leid formt den Charakter.

Mandela war eine transformative Figur. Ihn als „historische Figur“ zu bezeichnen, würde ihm nicht gerecht. Einige Menschen machen Geschichte, weil sie irgendetwas zuerst erreicht haben – sie reihen sich lediglich ein in eine Folge anderer. Um wirklich etwas zu verändern, muss man planen, braucht man die Vision, den Kurs darzulegen und die Fähigkeiten, diesen dann umzusetzen. Es braucht den Mut der eigenen Überzeugungen, die Bereitschaft, Opfer zu bringen, Leib und Leben zu riskieren und die Dinge beim Namen zu nennen. „Historische Figuren“ werden sich künftig auf Nelson Mandela beziehen.

Ich weiß noch, wie ich im November 1985 mit dem ANC-Präsidenten Oliver Tambo an einer großen Kundgebung gegen die Apartheid auf dem Londoner Trafalgar Square teilnahm. Später traf ich die britische Premierministerin Margaret Thatcher, um anzuprangern, dass Großbritannien dem Apartheidregime wirtschaftlich, politisch und militärisch Unterstützung leistete. Lassen sie uns nicht vergessen, dass Großbritannien, die USA, ja alle westlichen Mächte, Mandela zum Terroristen erklärten und das Apartheidregime beharrlich stützten – sie waren auf der falschen Seite der Geschichte. Ich appellierte an die Premierministerin, sich für die Freilassung Mandelas einzusetzen und reiste dann nach Südafrika weiter.

Mein Herz barst vor Aufregung, als Mandela am 11. Februar 1990 aus dem Victor-Verster-Gefängnis entlassen wurde. Als die Nachricht seiner bevorstehenden Freilassung die Runde machte, begannen Hausangestellte in den Fluren zu tanzen, trommelten auf Töpfen und Pfannen, weinten und demonstrierten. „Am Ende wird der Glaube nicht enttäuschen.“

Ich traf Nelson und Winnie Mandela 1990 im Rathaus von Kapstadt. Später, bei einer Unterhaltung in unserem Hotel, dankte Mandela mir und erinnerte sich an die Rede, die ich 1984 auf dem Parteitag der US-Demokraten gehalten hatte. Selbst aus seiner Gefängniszelle heraus nahm er die Welt draußen, die Ebben und Fluten dort, aufmerksam wahr. Drei Jahre später hatte ich die Ehre, als Teil der offiziellen US-Delegation an den Feierlichkeiten zur Amtseinführung Nelson Mandelas als Präsident des neuen, freien Südafrika teilnehmen zu dürfen.

Wir schmiedeten eine dauerhafte Verbindung. Wir haben ihn zuhause und in der Zentrale unserer Regenbogenkoalition empfangen. Wir trafen einander mehrmals in Südafrika – bei unserer letzten Begegnung im Jahr 2010 unterhielten wir uns über Boxen, Sport und Politik und tauschten Baseballkappen aus.

Mandela war ein Gigant von unermesslicher und unerschütterlicher intellektueller Courage und moralischer Autorität. Er wählte Versöhnung statt Vergeltung. Er hat den Lauf der Geschichte verändert.

Heute haben Südafrika und die USA unerledigte Geschäfte zu vollenden.

Nelson Mandela ist nicht weg, er bleibt für immer bei uns. Er hat Südafrika zu neuer „Schönheit statt Asche“ verholfen. Er hat diese Erde verlassen, doch ist er hoch in den Himmel aufgestiegen. Und sein beredter Ruf nach Freiheit und Gleichheit ist weiterhin zu hören. Im Wind und im Regen und in den Herzen der Menschen auf der ganzen Welt.

Jesse Louis Jackson, Sr. ist ein US-amerikanischer Politiker, Bürgerrechtler und Baptistenpastor

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Jesse Jackson | The Guardian

Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian

The Guardian

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden