Kino in Serie

Fernsehen Wie „True Detective“ mit Matthew McConaughey und Woody Harrelson die Ansprüche des Films in die Sehgewohnheiten zu Hause überführt
Ausgabe 14/2014

Es gab eine Zeit, in der hätten amerikanische Filmstars und Kinoregisseure sich mit dem Fernsehen nicht eingelassen. Das ist vorbei. Der Erfolg, den die Serie True Detective mit Matthew McConaughey und Woody Harrelson in den Hauptrollen bei Kritikern und Zuschauern hat, kündet von einer möglichen Veränderung fürs Fernsehen. Das Neue: Eine Serie wird in einem „Block“ von einem einzigen Spielfilm-Regisseur gedreht – in diesem Fall von Cary Fukunaga (Sin nombre, Jane Eyre).

„Viele Filmregisseure liebäugeln schon seit Jahren mit dem Fernsehen. Für gewöhnlich drehen sie aber immer nur die erste Folge einer Serie“, erklärt Produzent Richard Brown. „Fürs Fernsehen wird schnell produziert. Oft stehen nicht die Mittel zur Verfügung, die es beim Kino gibt. Mit True Detective wollten wir mehr Kino ins Fernsehen bringen, den optimalen Schnittpunkt zwischen beidem finden.“

Das bedeutete etwa eine Verschiebung der kreativen Kontrolle. Während Regisseure beim Fernsehen für gewöhnlich den Autoren und Produzenten untergeordnet sind und es sich bei Kinoproduktionen umgekehrt verhält, sei die kreative Kontrolle bei True Detective recht ausgeglichen verteilt gewesen, sagt Brown. Auch anders: Bei True Detective stammt die gesamte Serie aus der Feder von einem Autor, Nic Pizzolatto; McConaughey und Harrelson standen als Besetzung für die Rollen des Ermittlerduos Rustin Cohle und Martin Hart von Anfang an fest. Das Produktionsteam kam ebenfalls vom Kino, nicht vom Fernsehen.

Diese Arrangements mögen wie Details erscheinen, die nur branchenintern von Interesse sind. Aber True Detective ist zu einem Erfolg geworden, und Film- und Medienjournalisten sehen in der Serie den Vorläufer einer neuen Ära des Fernsehdramas, in der Autoren- und Produzenten-Serien wie The Sopranos, The Wire und Breaking Bad einem Format weichen könnten, bei dem die Regisseure den Ton angeben.

„Eine Serie wie True Detective, bei der ein Regisseur für die ganze Serie und die komplette ästhetische Vision verantwortlich ist, bietet Einstiegsmöglichkeiten für Kinoleute. Etablierte Filmemacher können längere Geschichten erzählen und Charaktere tiefer ausleuchten, als das auf der Leinwand möglich ist“, sagt Produzent Brown.

David Fincher etwa, Regisseur von Seven und The Social Network, zeichnete für die ersten beiden Folgen der Netflix-Produktion House of Cards verantwortlich. Derzeit dreht er für den Sender HBO eine Serie namens Utopia. Guillermo del Toro, der Regisseur von Pans Labyrinth, hat eine Fernsehserie namens The Strain geschaffen. Oliver Stone drehte für den US-Kabelsender Showtime The Untold History of the United States über wichtige, aber kaum bekannte Ereignisse seit dem Zweiten Weltkrieg. Robert Redford macht Dokumentationen für CNN. Steven Soderbergh, der im letzten Jahr in Cannes seinen Rückzug als Filmregisseur bekannt gab, tat sich noch am gleichen Tag mit Clive Owen zusammen, um das zehnstündige Historiendrama The Knick zu drehen; es spielt in einem New Yorker Krankenhaus und wird von der gleichen Firma produziert wie True Detective.

Auch im Unterhaltungsgeschäft machen sich ökonomische Verschiebungen bemerkbar. Seit den Streiks der US-Drehbuchautoren in den Jahren 2007 und 2008 ist die Zahl derjenigen, die fürs Kino arbeiten, um 35 Prozent zurückgegangen. Die Anzahl der Veröffentlichungen von großen Studios ist ebenfalls rückläufig: Im Jahr 2008 kamen 168 Filme heraus, 2012 nur noch 128.

Im Fernsehen hingegen sind die Beschäftigungszahlen im gleichen Zeitraum angestiegen. Dort haben Autoren im vergangenen Jahr Rekordverdienste von plus zehn Prozent verzeichnet. Das hat zum Teil mit den Honoraren von Kabelprogrammen und Diensten wie Netflix zu tun. Insgesamt liegt die Zahl der in diesem Sektor Beschäftigten heute wieder geringfügig über dem Stand vor den Streiks.

Die deutschsprachige Premiere von True Detective ist für den 17. April auf Sky Atlantic HD geplant (donnerstags, 21 Uhr). Eine zweite Staffel mit McConaughey und Harrelson wird es indes nicht geben. Für eine Serie ohne absehbares Ende wollten die Kinoschauspieler sich trotz allem nicht verpflichten. Deshalb ist die Geschichte von Cohle und Hart mit der letzten Folge der ersten Staffel zu Ende. „So ist es uns gelungen, Kinostars zu kriegen“, sagt Brown. „Sie wollten mit Cary Fukunaga zusammen arbeiten und es war eine einmalige Sache. Sie müssen nicht zurückkommen und Staffel vier, fünf und sechs drehen.“

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Übersetzung: Holger Hutt
Geschrieben von

Edward Helmore | The Guardian

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