Lebenslanger Krieger

Uganda Mit dem Segen der USA hat sich das Land als Anti-Terror-Missionar in Somalia militärisch engagiert. Doch der dafür sich entrichtende Tribut ist hoch

Eine „Front gegen den Terror“ in Afrika wünschen sich die Amerikaner. Wer in den Schützengraben steigt wie die Regierung in Kampala, muss damit rechnen, nicht ungeschoren davon zu kommen. Uganda erfuhr am 11. Juli durch das Attentat auf ein Public Viewing während des Finales der Fußball-WM, was Teilhabe an der Anti-Terror-Allianz bedeuten kann – es gab 76 Tote zu beklagen. Die Gräueltat wurde als Racheakt der islamistischen al-Shabab-Milizen gedeutet, die sich für die Präsenz ugandischer Truppen bei einer Friedensmission der Afrikanischen Union (AU) in Somalia revanchierten.

Dabei gibt es in dieser Nachbarschaft keinen Frieden, der sich bewahren ließe. 2002 wurde in Mogadischu unter UN-Patronat eine föderale Übergangsregierung (TFG) implantiert, die bis heute nicht mehr als ein paar Straßenzüge in der Kapitale beherrscht und längst verschwunden wäre, hätte nicht Äthiopien 2006 mit dem Segen der USA interveniert. Warum beeilt sich Ugandas altgedienter Präsident Museveni einer somalischen Totgeburt militärisch beizustehen, während andere afrikanische Staaten – mit Ausnahme Burundis und Äthiopiens – davor zurückschrecken?

Vermutlich soll Ugandas Ruf als „verantwortungsvolles Mitglied der internationalen Gemeinschaft“ poliert werden, um den Vorwurf zu überspielen, die eigene Armee habe sich in der Demokratischen Republik Kongo an Plünderungen beteiligt.

Westliche Finanzhilfen kommen nach wie vor für ein Drittel des ugandischen Staatshaushalts auf, doch fragen sich die Gebernationen, ob sie weiter Menschenrechtsverletzungen und Korruption fördern sollten, von denen die Ära Museveni nie frei war. Insofern wird auch Renommee restauriert, wenn Uganda den Amerikanern dabei assistiert, Somalia zu befrieden und eine Quelle des Terrorismus trocken zu legen. Musste die Bevölkerung am 11. Juli dafür Opfer bringen, bezahlt sie inzwischen mit dem Verlust an Bürgerrechten. Eine neue Sicherheitsdoktrin schreibt vor, dass in Kampala jede, aber auch jede Versammlung von der Polizei vorab genehmigt werden muss. Privates wie Hochzeiten inklusive. Wollen mehr als fünf Leute zusammenkommen, muss die Polizei eine Erlaubnis erteilen.

Währenddessen warten wegen des Anschlags vom 11. Juli 35 Tatverdächtige auf Prozess und Urteil, das im Hochsicherheitstrakt des Luzira-Gefängnis gefällt werden soll. Skeptiker führen die Zahl der Angeklagten auf eine Art „Wettbewerb“ zwischen den Sicherheitsorganen zurück – Polizei, Armee und Spezialeinheiten, die um Anti-Terror-Mittel konkurrieren. Ein kenianischer Rechtsanwalt, der in Kampala einen Angeklagten verteidigen wollte, fand sich bald darauf in einer ugandischen Zelle wieder, wurde verhört und saß schließlich in einem Flugzeug, das ihn nach Nairobi flog.

Der scharfe Schnitt bei den Bürgerrechten wird nicht zuletzt als Versuch verstanden, der Opposition vor der Parlamentswahl im Februar über den Mund fahren zu können. Deren Meetings enden häufig mit Schlägereien und Polizeieinsätzen, und die Vorwahlen für die Bewerber der Regierungspartei, die Yoweri Museveni noch fünf Regierungsjahre verschaffen sollen, werden von Manipulationsgerüchten überschattet.

Weit davon entfernt, „islamistischen“ Terror einschränken zu können, haben gewaltsame Anläufe, Somalia zu befrieden, den Jihadisten einen fruchtbaren Boden bereitet, auf dem sie gedeihen, während zugleich ohnehin fragile politische Freiheiten verloren gehen. Ein Teil der Verantwortung trifft die USA, die ihre sicherheitspolitischen Ziele nach dem katastrophalen Scheitern der Somalia-Mission von 1992/93 lieber von afrikanischen Stellvertretern und privaten Sicherheitsagenturen bedienen lassen. Der lebenslange Krieger Museveni, der das Wort Rückzug nicht kennt, sekundiert als williger Erfüllungsgehilfe. In einer ersten Reaktion auf den Anschlag vom 11. Juli stockte er seine Truppen in Somalia auf und rief die Mitgliedsländer der Afrikanischen Union dazu auf, ebenfalls zu intervenieren. Die Einsatzregeln wurden dahingehend verändert, dass die Friedensschützer nun als erste schießen dürfen, wenn sie sich bedroht fühlen – eine Direktive, die jede Aktion einer Grauzone überlässt.

Übersetzung Holger Hutt

Nicholas Young ist Ostafrika-Korrespondent des Guardian

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Geschrieben von

Nicolas Young | The Guardian

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