Monika Grütters – Kulturpolitik im Digitalen?

Kulturpolitik Monika Grütters wird neue Kulturstaatsministerin und damit zuständig für ein hierzulande wichtiges Politikfeld, in dem es im Umgang mit der Digitalisierung noch hapert

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Die Berliner CDU-Politikerin Monika Grütters hat Kunstgeschichte und Politikwissenschaft studiert und in den letzten Jahrzehnten die Kulturpolitik des Landes Berlin und der Bundesrepublik geprägt. Nun wird die ehemalige Vorsitzende des Bundestagsausschuss für Kultur und Medien neue Kulturstaatsministerin. Ein Amt mit vielen Herausforderungen, denn ihr Vorgänger Bernd Neumann hat in seiner achtjährigen Amtszeit viel für das Ansehen des Amtes getan, wenig aber für die Zukunft der Kulturpolitik in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft. Grütters könnte eine verspätete Chance für die Kulturpolitik werden.

Wer ist Monika Grütters? Den meisten Bürgern ist die neue Kulturstaatsministerin noch eine große Unbekannte in der neuen Bundesregierung. Das hat einerseits etwas mit dem beim Kanzleramt angesiedelten Posten zu tun, der außerhalb der professionellen Kulturszene kaum wahrgenommen wird, aber auch damit, dass sich die Fachpolitikerin bisher ausschließlich in Berlin und der Kulturpolitik des Bundestags einen Namen machte. Doch die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass in vielen für die Gesellschaft relevanten Themen, die Kulturpolitik mit eine wichtige Rolle zu spielen versucht. Sei es beim Thema Verbraucherschutz gegen den Abmahnwahn oder der überfälligen Modernisierung des Urheberrechts, die Kulturlobby versuchte die Interessen ihrer Klientel ausreichend zur Geltung zu bringen. Nicht immer gelingt ihr das im Einklang mit dem Reformdruck einer digitalen Gesellschaft, was auch an Grütters Vorgänger lag. Sie kann das jetzt aber ändern.

Kulturpolitik für die Gesellschaft oder die Interessensgruppen?

Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, äußerte sich im Interview auf Deutschlandradio sehr positiv über die neue Staatsministerin Monika Grütters: "Sie ist eine wirklich gute Wahl. Sie kennt sich aus." Besonders beim Themen wie dem Urheberrecht oder der Künstlersozialkasse wünscht er sich von ihr viel Einflussnahme auf die kulturfernen Ministerien. Wenn sich ein Kulturlobbyist schon so auffallend euphorisch über seine politische Anlaufstelle äußert, sollte man vorsichtig sein, ob sie ihm seine Arbeit vielleicht zu einfach machen könnte. Schon Grütters Vorgänger Bernd Neumann hat sehr viel Nähe zur Kulturlobby gezeigt und sein empfindliches Klientel gepflegt. Das mochte ihn in den letzten acht Jahren dafür, aber das hängt "nur damit zusammen, dass der Hund die Hand nicht beißt, die ihn füttert", wie Eckhard Fuhr einmal über Neumann und die Lobby feststellte. Er setzte sich aber auch intern für ihre Interessen ein, nicht immer im Sinne der Bürger. Unter Neumann hat sich der Kulturetat verdreifacht.

Als Vorsitzende des Bundestagsausschuss für Kultur und Medien machte die Berliner CDU-Politikerin bei netzpolitischen Themen bisher keine gute Figur. Auf einer Ausschusssitzung im Februar, als über die Zukunft der Presse diskutiert werden sollte, ließ sie entgegen einer Abmachung mit den Hauptansprechpartnern der anderen Fraktionen die anwesenden Experten – u.a. Springer-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner, Rainer Esser vom Zeit-Verlag, Ulrich Lingnau vom Chemnitzer Verlag, Christian Nienhaus von der WAZ Mediengruppe und Julia Jäkel von der Gruner+Jahr AG – ohne Widerspruch das angesetzte Thema ignorierend, über die Vorteile des Leistungsschutzrecht für Presseverlage referieren. Ihr inzwischen aus dem Bundestag ausgeschiedener Fraktionskollege Wolfgang Börnsen nutzte die von Grütters gewährten Freiräume, um die Diskussion mit seinen aussagekräftigen Fragen anzuheizen. Dem eigentlichen Thema der Sitzung, die Zukunft der Presse, tat Grütters damit keinen Gefallen.

Gesellschaftliches Interesse an einer zeitgemäßen Kulturpolitik muss maßgebend sein

Aber der erste Eindruck kann auch trügen und es gibt als Kulturstaatsministerin genügend Aufgaben, in der sie sich beweisen und mehr Geschick im Umgang mit den unterschiedlichsten Interessen beweisen kann. In der Berliner Zeitung findet Harry Nutt zwar auch überwiegend positive Worte für sie, aber auch allerlei Arbeitsaufträge: "Was Neumann mit seiner jovialen, aber verlässlichen Art für die Kultur und ihre Institutionen erreicht hat, wird Grütters nun mit einer ihr eigenen Mischung aus Augenmaß und Temperament fortsetzen müssen". Ein gewisser Bruch mit dem Amtsstil ihres Vorgängers wäre dabei begrüßenswert. Zum Beispiel beim kulturpolitischen Umgang mit unserem kulturellen Erbe.

Das kulturelle Erbe lag Neumann sehr am Herzen, für die digitale Komponente daran, hatte er aber kaum Verständnis. Die Digitalisierung ist aber auch eine der wesentlichen Herausforderungen der Kulturpolitik und "Monika Grütters in den nächsten Jahren vor der Aufgabe stehen, die kulturpolitischen Parameter auf die digitale Herausforderung auszurichten", wie Nutt treffend formuliert. "Unserer Kultur wohnt auch ein nachhaltiges Gedenkkonzept inne", sagte Grütters im Sommer 2013 in einem Interview mit der FAZ. Mit einer für eine digitalisierte Gesellschaft angemessenen Kulturpolitik – mit mehr von dem ihr nachgesagten Augenmaß als ihrem Temperament – kann sie ihrer Feststellung als Kulturstaatsministerin nun auch Taten folgen lassen und somit der Kulturpolitik einen verspätet eingeschlagenen Weg in die digitale Zukunft ebnen.

Ganz oben auf der Liste: Urheberrechtsreform und Digitalisierung des kulturellen Erbes

Das wird schwer genug werden, denn Grütters wird dabei mit sehr vielen Ressorts verhandeln müssen. Das Digitale wurde auf verschiedene Ministerien aufgeteilt, die Staatsministerin muss deshalb besonders "auf die Interessen der Kultur achten", wie Jens Bisky auf Sueddeutsche.de schreibt. Auch Andreas Kilb stellt auf FAZ.net fest, dass das Amt eine Kämpferin braucht, denn "ganz oben auf der Liste stehen die Reform des Urheberrechts und die Digitalisierung des kulturellen Erbes". Anfang 2014 will sich Monika Grütters zu den ihrer Ansicht dringendsten Aufgaben äußern. Wir dürfen gespannt sein, ob sie eine verspätete Chance für die Kulturpolitik ist, ihren Platz in der digitalen Gesellschaft zu finden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Netzpiloten.de.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Tobias Schwarz

Projektleiter von "Netzpiloten.de". Veröffentlicht regelmäßig zu medien- und netzpolitischen Themen, den digitalen Wandel, Innovation und Netzkultur.

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