Benfords Gesetz, die PDS und die Bundestagswahlen von 2002

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Was hat das Benfordsche Gesetz mit der PDS zu tun? Womöglich eine ganze Menge. Zwei Politikwissenschaftler haben bei der Überprüfung der Wahlkreisergebnisse zurückliegender Bundestagswahlen Unregelmäßigkeiten festgestellt, die womöglich mit der Zusammensetzung der Wahlhelfer vor Ort und ihrer politischen Einstellung zu tun haben. Nach Benfords Gesetz gibt es gewisse Gesetzmäßigkeiten bei der Verteilung der Ziffern in den Zahlen großer Datensätze. Die 0 kommt danach an der zweiten Stelle einer Zahl häufiger vor als die 9. Christian Breunig und Achim Goerres (hier) jagten nun die Auszählungsergebnisse der Bundestagswahlen seit 1990 durch den Computer – und es zeigten sich bei den Zweitstimmen signifikante Verletzungen des Benfordschen Gesetzes: Je dominanter eine Partei in einem Bundesland war, desto eher kam es zur Verletzung.

Breunig und Goerres vermuten, dass „that partisan composition of the volunteers involved in the counting may contribute to electoral irregularities. In particular, the violations for the PDS/Left in 2002, for the CDU/CSU in Baden-Württemberg and Bavaria and for the SPD in North-Rhine-Westphalia allude to the idea that partisan dominance in a Bundesland (and even more so in its sub-regions) or aversion to a former regime party among those citizens involved in the counting might produce higher likelihoods of violations of the Second Digit Benford Law.“ Bei den Wahlen 2002, als die damalige PDS aus dem Parlament flog und danach eine schwere Krise durchlebte, zeigten sich bei den Ergebnissen der Partei in allen Ostbundesländern Verletzungen des Benfordschen Gesetzes.

Die beiden Forscher können allerdings weder sagen, ob Wahlhelfer womöglich zugunsten oder zu Ungunsten der PDS bei der Auszählung nachhalfen. Und auch nicht, welche tatsächlichen Auswirkungen die Unregelmäßigkeiten auf das Wahlergebnis hatten. Sicher scheint nur, dass es sich nicht um zufällige Abweichungen handelt, die durch Zählfehler auftreten – diese nämlich müssten wiederum dem Benfordschen Gesetz genügen. Unsere Analyse funktioniert wie ein Fieberthermometer“, wird der Politikwissenschaftler Goerres im Cicero zitiert, „wir haben gezeigt, dass es ein Problem gibt, können es aber nicht erklären.“ In ihrer Untersuchung regen die beiden Forscher an, Wahlhelferrekrutierung und Auszählungsroutinen in Deutschland einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Die PDS kam 2002 übrigens nur auf vier Prozent – das lag weder an ein bisschen Manipulation, noch hätte diese geholfen, die Partei doch noch über die Fünfprozenthürde zu hieven.

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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