Lieber Herr Dobrindt: ein Brief ins ferne Bayern

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Lieber Herr Dobrindt,

Sie haben wahrscheinlich in diesen Tagen, die Sie so engagiert im fernen Bayern für Ihren Kampf gegen die Linke nutzen, keine Zeit, sich Briefe durchzulesen. So eine Kampagne zum Verbot einer Partei ist schließlich nicht von Pappe. Immerhin geht es ums Ganze, um die Verhinderung der Wiedereinführung der DDR und solche Dinge. Schon ab 6.50 Uhr haben Sie am Dienstag zurückgeschossen, im zwielichtigen Deutschlandfunk, der immer wieder die Kommunisten zu Wort hat kommen lassen und ihren Mut durch Aufzeichnungszeiten zu unterminieren sucht, zu denen die Linken noch in ihren staatlich alimentieren Kifferhöhlen unter dem Che-Guevara-Plakat promiskuieren. Im Morgengrauen gegen das Morgenrot, Chapeau! Und niemand, der auf dem glatt polierten Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht, wird Ihnen übel nehmen, wenn sie zu dieser Stunde noch ein wenig Schwierigkeiten mit den Argumenten hatten. Und dann auch noch dieser Peter Kapern mit seinen verwirrenden Nachfragen. Ein Fall für den demokratischen Rundfunkrat!

Zweifellos sind Sie, sehr verehrter Alexander Dobrindt, ganz ohne eigene Schuld ein bisschen durcheinander gekommen. Wer soll da auch noch den Durchblick haben bei diesen Kommunisten mit „ihren Teilen“ und „natürlich auch Organisationsformen“, die Sie an anderer Stelle, gelernter Soziologe der Sie sind, ohne Probleme als „Organisationsstrukturen“ erkannt haben. Wenn „ein Drittel des Parteivorstands der Linkspartei sagt, dass er Mitglied eines dieser extremistischen Plattformen oder Foren sei“, wie Sie beherzt anprangern, dann auch noch „die Mitgliedszahlen von diesen Plattformen ständig steigen“ und, als wäre das der kommunistischen Hintertriebenheit nicht genug, „man aber die Namen nicht erfährt, selbst die Vorstände man nicht erfährt“, dann ist das Grundgesetz in der Tat in allerhöchster Gefahr. Und selbstverständlich glauben Sie, Alexander Dobrindt, ganz zu Recht, dies seien „alles Gründe, die nahelegen, dass man sich das zumindest, was darüber geschrieben und gesagt wird, anschaut“.

Wären Sie, geschätzter Alexander Dobrindt, vom Rotsender DLF nicht schon in aller Herrgottsfrühe ans Telefon zitiert worden, dann wäre sicher auch noch Zeit geblieben, einmal selbst zu schauen, „was darüber geschrieben und gesagt wird“, bevor Sie in die kommunistenfreundliche Falle rannten und behaupteten, dass „man aber die Namen nicht erfährt, selbst die Vorstände man nicht erfährt“. Als CSU-Vertreter mit der Recherche in öffentlich zugänglichen Quellen vertraut, hatten Sie bestimmt leider bloß die Gelegenheit, kurz einen Artikel aus dem Tagesspiegel zu überfliegen, welcher der Kommunistischen Plattform gewidmet war, die sich, wer hätte das ausgerechnet bei den Freunden der untergangenen DDR gedacht, auf den Schutz „personenbezogener Daten“ herausgeredet hatten, als einmal jemand wissen wollte, wer denn da Hammer und Sichel in der siechen Faust hält. Wer weiß, ob nicht die ganze Gruppe, seit Oskars Sahra dort ihre Mitgliedschaft ruhen lässt, längst auf die vier Namen beschränkt ist, die zuletzt für sie Erklärungen abgaben. Ganz öffenltich sogar. Kruzifix!

Mit der informationellen Selbstbestimmung haben es die anderen kommunistischen „Teile“ und „Organisationsformen“ beziehungsweise „Organisationsstrukturen“ nicht so. Sie fühlen sich offenbar so sicher in ihrem Treiben, dass sie die Namen ihres Untergrundpersonals öffentlich bekannt machen. Das Marxistische Forum zum Beispiel stellt sogar die Telefonnummern dazu, der Geraer Dialog die Emailadressen. Die Sozialistische Linke verhöhnt die Verfassung, in dem sie die Heimatlandesverbände ihres Zentralkomitees herausposaunt. Die Antikapitalistische Linke, da wiederum lagen Sie fast richtig, verweist nur auf einen Koordinierungskreis, der inzwischen zwar von einem Bundessprecherrat abgelöst wurde, welcher aber noch unbesetzt ist. Wie verwirrend. Wer so agiert, zum Glück gibt es mit Ihnen, Alexander Dobrindt, jemanden, der mutig genug ist die Wahrheit auszusprechen, „der muss sich auch gefallen lassen, dass er beobachtet wird“. Und recht so, dass sie dies neuerdings durch eine an die letzte Hochzeit kommunistischer Umtriebe in den späten Sechzigern gemahnende Brille tun, über die sich eine dem Verbot noch immer entziehende Linkspartei aufs Niederträchtigste lustig macht. No pasarán, tapferer Herr Dobrindt. Venceremos!

zuerst erschienen auf lafontaines-linke.de

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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