Soweit wir an Gott glauben, sind wir alle adoptiert, nämlich Kinder Gottes. Dass an seiner Seite eine Frau säße, hat die offizielle Lesart der Bibel bislang noch nicht erbracht. Das uns geläufige Familienbild – ein heterosexuelles Paar, das uns „Kindern“ zum Wohle gereicht – ist im Himmel also nicht auffindbar.
Und auf Erden, so haben die Richter des Bundesverfassungsgerichts einstimmig und mit unmissverständlicher Klarheit am vergangenen Dienstag entschieden, hängt das Kindeswohl auch nicht davon ab, dass zwei gegengeschlechtliche Eltern sich darum kümmern. Auch dann nicht, wenn es sich nicht um ein leibliches Kind handelt, sondern zunächst nur von einem Lebenspartner adoptiert wurde.
Leben die gleichgeschlechtlichen Eltern in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft, ist die sogenannte Sukzessivadoption, also die nachträgliche Annahme eines Kindes durch den zweiten Partner künftig möglich. Leben sie mit dem Kind in einer sozial-familiären Gemeinschaft, so heißt es in den Leitsätzen, „bilden sie eine durch Art.6 Abs.1 GG geschützte Familie im Sinne des Grundgesetzes.“ Ihnen dieses Recht vorzuenthalten, verletze sowohl die Gleichbehandlungsrechte der Kinder als auch des betroffenen Lebenspartners.
Das Urteil kam nicht überraschend und bildet einen der vielen Wegsteine bei der allmählichen Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebensgemeinschaft, gegen die sich der konservative Teil der Bundesregierung so vehement wehrt. Den klagenden Frauen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und im Jahr 2004 ein aus Bulgarien stammendes Mädchen adoptiert haben, wird bescheinigt, dass ihr Kind keinen seelischen Schaden nimmt, nur weil es von zwei Müttern erzogen wird. Die „behüteten Verhältnisse einer Lebenspartnerschaft“, so die Begründung, könnten „das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern wie in einer Ehe.“
Das hatten die Gutachter bei der mündlichen Verhandlung ebenso gesehen. Für die Kinder, die ohnehin in der familiären Gemeinschaft leben, sei es „ein Rechtsgewinn“, wenn zwei Personen rechtsverbindlich Verantwortung übernehmen. „Kann es“, fragte die Verfassungsrichterin Gabriele Britz, „den Kindern schaden, wenn der faktischen Beziehung eine rechtliche zur Seite gestellt wird?“
Sukzessivadoption
Wohlgemerkt ging es bei der Verfassungsklage, mit der die Karlsruher Richter auch eine Normenkontrollklage des Hanseatischen Oberlandesgerichtes erledigten, nur um die Sukzessivadoption – also um die Fälle, in denen ein meist aus dem Ausland stammendes Kind von einem Partner adoptiert wurde – und keineswegs um das generelle Adoptionsrecht von Lesben und Schwulen. Aber die Urteilsbegründung lässt keinen Zweifel daran, dass das Kindeswohl nicht vom Geschlecht der Eltern abhängt. Damit treibt das BVG erneut die Politik vor sich her: In diesem Jahr sind die Richter aufgefordert, über die Ausweitung des Ehegattensplittings auf eingetragene Lebensgemeinschaften zu entscheiden.
Die gleichgeschlechtlichen Paare, die sich offiziell das Jawort gegeben haben, werden sich also freuen. Und die anderen? Es ist nicht zu übersehen, dass die höchstrichterlichen Urteile betonen, dass von eingetragenen Lebenspartnerschaften keine Gefahr für die herkömmliche Ehe ausgehe. Im Gegenteil! Sie stabilisiert eine Institution, die man – mit Blick auf das Ehegattensplitting – als reaktionär bezeichnen kann. Dennoch: Statt endlich die Gleichstellung von Alleinerziehenden, die ohnehin die größte Last zu tragen haben, voranzutreiben, wird fleißig am Fundament der wie auch immer genannten rechtlich begründeten Zweisamkeit gezimmert. Lasset die Kindlein zu allen kommen, die ihnen wohl sind, mit oder ohne Trauschein.
AUSGABE
Dieser Artikel erschien in Ausgabe 8/13 vom 21.02.20013
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