Sexualität: von Erfindung und Auslöschung

Sexual., Geschlecht 'feste Vorstellungen über Weiblichkeit / Männlichkeit u. starre Identitäten Hetero- / Homosexualität über Biologie und Medizin generiert, die Abweichungen tilgen wollen'

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Mit Bezug auf die Arbeiten von Heinz-Jürgen Voß erläutert Christian Groß im "Standard", wie der biologisch-medizinische Diskurs seit der europäischen Moderne danach trachtet, Menschen klar zu klassifizieren und Abweichungen zu tilgen. Dabei schrecken Biologie und Medizin auch vor Gewalt nicht zurück: Groß schreibt:

"In Humanbiologie und Medizin kursieren etliche Definitionsversuche und zum Teil Gewaltakte, um das eindeutige Geschlecht zu bestimmen... [...] Betroffene sehen darin einen "Verstoß gegen das Kastrationsgesetz" und beklagen die "Nebenwirkungen der lebenslangen Hormontherapie", sagt Katinka Schweizer vom Institut für Sexualforschung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. " Vereindeutigende Gewalt" nennt das Voß. Die festen Vorstellungen über Weiblichkeit und Männlichkeit sowie die starren Identitäten Homosexualität, Heterosexualität und Bisexualität würden meist über einen biologisch-medizinischen Diskurs generiert, der eine Norm etabliere und darauf abziele, Abweichungen zu tilgen."

Diese Perspektive gilt es in weiteren Arbeiten zu vertiefen. Einge gute Vorlagen gibt es etwa mit dem Buch von Georg Klauda "Die Vertreibung aus dem Serail" (Männerschwarm 2008) und dem von Thomas Bauer aus dem Jahr 2011: "Die Kultur der Ambiguität" heißt es. Und aktuell hat auch Heinz-Jürgen Voß ein lesenswertes Buch direkt zu dem Thema vorgelegt: "Biologie & Homosexualität: Theorie und Anwendung im Gesellschaftlichen Kontext" (Unrast 2013).

Im Klappentext des letztgenannten Buches heißt es so unter anderem: "Das Konzept ›Homosexualität‹ entstand im 19. Jahrhundert und ist eng mit Biologie und Medizin verwoben. Vor dem Hintergrund der massiven staatlichen Verfolgung gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen argumentierten Menschen mit der ›Natürlichkeit‹ gleichgeschlechtlichen sexuellen Tuns. Auch die Gegenseite argumentierte biologisch-medizinisch. Beide Richtungen trugen damit dazu bei, dass „Homosexualität“ als Konzept etabliert und Biologie und Medizin zu bestimmenden Instanzen über die Legitimität sexuellen Handelns wurden. Ausgehend von der Genese des Homosexualitäts-Diskurses erläutert der Biologe Heinz-Jürgen Voß die damit verbundenen biologischen Theorien und arbeitet heraus, dass die Forschung vielfach von dem Ziel geleitet war, gleichgeschlechtliches sexuelles Begehren auszulöschen. Die Grenzen zu Menschenexperimenten wurden dabei auch noch nach 1945 überschritten."

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verqueert

friedenspolitisch aktives Ich mit queerpolitischen Wurzeln, Texte von mir und den mit mir Wohnenden:-)

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