Der Freitag – ein Sanierungsfall?

Zukunft des Freitag Wenn es stimmt, was in der ND steht, dann ist der Freitag ein Sanierungsfall. Die Zahlen sind tiefrot. Ein Stellenabbau erscheint unvermeidlich.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Wie ich in meinem Blog „Gestern Frankfurter Rundschau, heute Deutsche Financial Times und morgen?“ erwähnt habe, wird es in naher Zukunft zu einem Verlagssterben größeren Ausmaßes kommen.

Die Resonanz auf diesen Blog war im Übrigen dürftig. So wie es aussieht, sind die in dem Blog aufgeworfenen Fragen auch für den Freitag relevant.

Die Ursachen, die zu der Krise beim Freitag geführt haben, sind sowohl von äußeren Faktoren bestimmt als auch hausgemacht. Hier nur einige wenige Thesen, die auf keinen Fall den Anspruch auf Vollständigkeit haben.

Exogene Faktoren

  1. Durch die Online-Portale hat der Leser die Möglichkeit, sich seine Informationen weitestgehend kostenfrei zu beschaffen. Zweifellos ist die Qualität der Online-Informationen schlechter, aber das stört einen Großteil der Leser nicht. Hier gilt das Sprichwort „einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“
  2. Derjenige Teil der Leser, der sowohl online konsumiert bzw. sich über Blogs und/oder Kommentare selbst agiert und gleichzeitig auch die Printausgabe liest, ist gering, d.h. die Schnittmenge ist nicht ausreichend hoch genug. Print und Online sind somit keine Komplementärprodukte.
  3. Vor allem die großen Verlage nutzen die Online-Portale zum einen als Experimentierlabor, zum anderen als Instrument zur Markbereinigung.

Experimentierlabor heißt, dass gewisse Inhalte auf ihre Wirkung beim Leser getestet werden. Anhand der Reaktion der Leser lässt sich dann sehr leicht feststellen, auf welche Inhalte der Leser auf welche Art und Weise anspricht und welche Werbung besonders effizient zugeschaltet werden kann. Zielgruppenmarketing lautet in diesem Zusammenhang der Fachbegriff. Kleine Verlage haben hier eindeutig Nachteile. Ihre Klickzahlen sind für die Werbebranche zu gering und die Leserschaft des Freitag ist weder homogen noch konsumaffin.

Darüber hinaus ist ein so genannter ruinöser Wettbewerb zu beobachten, d.h. lästige Wettbewerber werden aus dem Markt gedrängt, sprich in den Konkurs getrieben. Derjenige, der diese Marktbereinigung übersteht, hat es nachher leichter, seine Preispolitik gewinnbringend durchzusetzen. Es entstehen zwangsläufig Oligopole, die sich den Markt aufteilen. Dieser Prozess ist zwar schon seit längerem im Gange, wurde aber durch den „kostenlosen“ Zugang zu den Online-Portalen erheblich verschärft.

Endogene Faktoren

  1. Jakob Augstein (JA) hat den Verlag m.W. in 2008 gekauft. Damals hat er die Zeitung schon vor dem Konkurs bewahrt. JA ist- wie wir alle wissen, an der Spiegel-Verlagsgruppe über eine Erbengemeinschaft nennenswert beteiligt. Er konnte sich – und davon gehe ich aus - das Investment somit auch finanziell leisten. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass der Verlag über einen längeren Zeitraum rote Zahlen schreiben kann. Ich bin weder ein Insider noch der Wirtschaftsprüfer des Verlages. Man braucht aber keine große Fantasie, dass offenkundig „die schwarze Null“ und schon gar nicht der „break even“ erreicht ist. Wenn man aber weiß, dass der Fortbestand des Unternehmens an einer einzigen Person hängt, ist es für mich unverständlich, warum nicht ein Plan B ausgearbeitet wurde, um diese Abhängigkeit zumindest zu verringern. Jetzt, wo das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, wird es ungleich schwerer, Co-Investoren zu finden. Unmöglich ist es aber nicht. Da der Verlag in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG firmiert, ist wenigstens das Privatvermögen des Eigentümers geschützt und weitere mögliche Investoren haften wie JA auch nur in Höhe ihrer Einlage.
  2. Die Idee JAs war zusammenfasst die, ein Informationsmedium ins Leben zu rufen, in dem Online und Print miteinander verschmelzen mit dem Ziel, Synergieeffekte in beide Richtungen entstehen zu lassen. Dieses Konzept ist – wie mir scheint – nicht aufgegangen.
  3. Die Konsequenz aus dem wohl gescheiterten Konzept kann nur lauten, dass Online wie Print getrennt voneinander entwickelt werden müssen und jeder Bereich in sich lebensfähig sein muss.
  4. Der Freitag ist seiner politischen Ausrichtung nicht eindeutig positioniert. „Im Zweifel links“ oder „irgendwie links“ ist nicht Fisch und nicht Fleisch. Wenn man sich als Nischenanbieter sieht - und anders geht m.E. nicht - muss man ein unverwechselbares Profil haben. Das hat der Freitag nicht, außer der Tatsache, dass in keinem anderen Zeitungsverlag das Schreiben von eigenen Beiträgen so leicht gemacht wird. Das bringt aber keine nachhaltigen Einnahmen.
  5. Eine weitere Schwachstelle scheint mir zu sein, dass der Freitag kein Wirtschaftsressort unterhält und zu guardianlastig ist.

Zum Schluss noch ein paar Worte an die Mitarbeiter des Freitag. Ich würde mir wünschen, dass JA den Stellenabbau hinausschiebt und zumindest auf ein „erträgliches“ Maß reduziert. Ganz zu vermeiden sein wird er wohl nicht. Auch schlage ich vor, dass sich JA auf jeden Fall fachlichen Rat einholt, sofern das nicht bereits geschehen ist. Der Freitag braucht eine Neuausrichtung, ansonsten sehe ich schwarz.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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