Atomare Gefahr auch bei uns in Deutschland

SIPRI-Bericht Es gibt zwar weltweit weniger Atomwaffen als im Vorjahr, aber alle Atommächte modernisieren ihre Atomwaffen - das betrifft auch die in Deutschland stationierten

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Schreckensszenario: Eine Touristin betrachtet Bilder des Atombombeneinsatzes in einem Museum in Hiroshima, Japan
Schreckensszenario: Eine Touristin betrachtet Bilder des Atombombeneinsatzes in einem Museum in Hiroshima, Japan

Foto: Junko Kimura / AFP/ Getty Images

http://www.atomwaffenfrei.de/typo3temp/pics/2cb3a3012c.jpgZuerst die gute Nachricht: Laut dem Friedensforschungsinstitut SIPRI befinden sich gegenüber dem Vorjahr insgesamt weltweit weniger Atomwaffen in den Arsenalen der Atommächte. Die schlechte Nachricht: Alle Atomwaffenstaaten – auch die inoffiziellen – modernisieren ihre Atomwaffen. Das alles ist nicht neu. Schon seit einigen Jahren ist diese Entwicklung absehbar. Atomwaffenexperten nennen diese Weiterentwicklung der Atomtechnologie „qualitatives Wettrüsten“. Es ermöglicht den Atommächten ihre Atomwaffenarsenale bis weit in die Zukunft erhalten zu können.

Das geht uns auch hier in Deutschland etwas an. Zwar betrifft es „nur“ 20 US-amerikanische B61-Atombomben auf deutschem Boden in der Eifel, deren „Betriebszeit“ verlängert werden soll. Aber diese Atombomben haben ein gewaltiges Zerstörungspotential und ihre geplante Betriebszeitverlängerung verändert ihre bisherige Eigenschaft de facto völlig. Nach der Modernisierung sind sie nicht mehr nur„Relikte des Kalten Krieges“, wie Guido Westerwelle sie nennt. Nach ihrer Modernisierung bleibt lediglich das Herz der Bombe bestehen, alles anders wird ausgetauscht und verbessert. Damit wird die neue B61-12 eine „Smart“-Bombe, zielgenauer, lenkbar und damit einsetzbarer.

In seinem aktuellen Rüstungsbericht beschreibt das Stockholmer Friedensinstitut SIPRI ein Wettrüsten in Asien. Das ist sehr besorgniserregend, doch wir sollten keine Illusionen haben. Wir können nicht erwarten, dass Indien, Pakistan, China oder gar Nordkorea auf Atomwaffen verzichten werden, wenn wir nicht einmal bereit sind, die letzten 20 US-Atombomben aus Deutschland abzuziehen. Vor allem aber müssen wir uns die katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt durch den Einsatz nur einer einzigen Atombombe vor Augen halten. Wir leben leider bereits sehr lange mit dieser Bedrohung. Und weil wir bisher das Glück hatten, dass es seit Hiroshima und Nagasaki zu keinem weiteren Einsatz oder einem Unfall gekommen ist, verdrängen wir diese Gefahr. Wenn wir jedoch einmal das Pech haben sollten, dass Atombomben eingesetzt werden – ob geplant oder versehentlich – werden Katastrophen wie Tschernobyl oder Fukushima im Vergleich dazu blass aussehen. Daher setzt sich die Internationale Kampagne für die Abschaffung aller Atomwaffen (ICAN) dafür ein, die humanitären Folgen des Einsatzes von Atomwaffen wieder ins Zentrum der Debatte über die atomare Abrüstung zu setzen.

In Deutschland können wir dazu beitragen. Der Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland ist politisch bereits beschlossen: Von der Bundesregierung 2009 im Koalitionsvertrag und im Jahr 2010 bekräftigt durch einen Beschluss des Bundestages. Die Regierung hat das Vorhaben bisher nicht umgesetzt, weil die NATO über einen Abzug von Atomwaffen aus Europa bisher keinen Konsens erzielt hat. Deswegen lädt der deutsche Zweig von ICAN – atomwaffenfrei.jetzt – am 11. und 12. August 2013 wieder zum Atomwaffenstützpunkt in Büchel in der Eifel, wo deutsche Piloten nach wie vor den Atomkrieg üben. Dort werden viele Menschen die Politiker kurz vor der Bundestagswahl mit vielfältigem kreativem Protest an ihre eigenen Beschlüsse erinnern und den Abzug der Bomben mit einer Musikblockade einfordern.

Xanthe Hall ist Abrüstungsexpertin der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW).

Zur Aktion in Büchel: http://www.atomwaffenfrei.de/aktiv-werden/buechel.html

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Geschrieben von

xanth

Ich bin Geschäftsleiterin der IPPNW sowie Vorstandsmitglied der International Campaign to Abolish Nuclear weapons (ICAN) - Deutschland.

xanth

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