Die neuen Vordenker der SPD. Politische Taliban auf dem Vormarsch

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Man muss sich das gut durch den Kopf gehen lassen. In der einberufenen Ethikkommission zur Kernenergie und zum schnellen Ausstieg aus derselben, vertritt Klaus Dohnanyi, in Zeiten als er was zu sagen hatte, ein Entscheider mit ewigen Bauchschmerzen, die ihm aber in Wahrheit nur seine eitle Erinnerung einflüsterte, die SPD. Währenddessen darf Thilo S., der rosarote „Stinker“, weiterhin prominent in Talkshows und sonstigen medialen Auftritten, als Traditionsmitglied der SPD gelten.

Beide werden ja mittlerweile wesentlich häufiger zu Shows und anderen medialen Publikumspredigten eingeladen, als jedes andere prominente SPD-Mitglied!

Steinmeier der privat menschliche, außenpolitisch harte Hund, hat nun Maschmeyer am Bein. Gabriel, der vor Monaten brilliant auf Sarrazin antwortete, zieht sich mit seiner Generalsekretärin auf das taktische Parkett der Politik zurück, die wohl Verfahren kennt, in Gremien die Kühe reihenweise vom Eis zu tagen, beständig zu sagen, man habe alles nicht so gemeint, sei falsch interpretiert und falsch verstanden worden, müsse die Verhältnisse und Opportunitäten der politischen und medialen Gegebenheiten eben jedes Mal und hauptsächlich berücksichtigen.

Ich glaube, so langsam verstehen die Bürger, was damit seitens der rosaroten Berufspolitik wirklich gemeint ist: "Uns interessieren erste, zweite und dritte Plätze in Wahlen oder die klare Erkennbarkeit anhand von Themen nicht mehr, solange noch genügend Funktionärsplätze und Regierungsbeteiligungen übrig bleiben und wir irgendwie doch gebraucht werden."

Ob die SPD so noch zu retten ist? Wohl nur, wenn, wie in Hamburg geschehen, die anderen Parteien größere Fehler machen. Wohl nur, wenn andere eine Agenda setzen, die die SPD dann dekonstruieren und obstruieren kann. Anders ist der Ausfall Gabriels gegen den designierten B-W-MP Kretschmann nicht zu verstehen. Anders ist auch der mut- und kraftlose, zumal völlig inhaltleere Wahlkampf um den Bürgermeisterjob in Berlin nicht zu interpretieren. Es genügte ein Plakat aller Aspiranten, auf dem groß steht, "Ich kann es besser, aber keinesfalls will ich es irgendwie anders machen." - Nur Hüte, Schals oder sonstige Accessoires tragen sie noch nicht in Einheitsfarbe und es wachsen auch noch keine langen Frauen- und Männerbärte bis zum Boden. Wie sähe das marketingtechnisch auch aus?

Am Ende präsentiert uns die SPD vielleicht nur noch, was sie in langjähriger, mühevoller und gut gepflegter Tradition an komplexen Vereins- und Parteisatzungen zusammen brachte, die aufgrund ihrer verwirrenden Mehrdeutigkeit eben jedes Resultat zulassen, welches im Ausschuss abgestimmt wurde. Ich glaube, dass so etwas die Traditionsfahne ansengt und verbrennt, und sie kaum in frischem Winde wehen lässt.

Christoph Leusch

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden