50 Jahre Ostermarsch

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So lautet der Titel des Aufrufs des Nürnberger Friedensforums zum 50. Ostermarsch seit 1961 in Nürnberg. Diesmal wurde die Themen Frieden und Abrüstung speziell mit dem hochaktuellen Thema AKWs verbunden. Das hatte zur Folge, dass heuer mehr Menschen teilgenommen haben als noch voriges Jahr, mit einem speziellen Zuwachs von Anti-AKW-Bewegten, Grünen und SPDlern.

Insgesamt waren es rund 1.100 Menschen, die in einem Sternmarsch aus vier Richtungen bei schönem Wetter ins Stadtzentrum zur Lorenzkirche, vor der die Abschlusskundgebung stattfand, rundum friedlich marschiert sind.

In den Reden ging es einmal um einen historischen Abriss über die 50 Jahre Ostermarsch, einmal um die Kriegseinsätze, aktuell in Libyen und immer noch um Afghanistan, einmal über die Umrüstung der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee zu einer globalen Einsatzarmee, einmal um den Bogen der Super-GAUs von Tschernobyl bis Fukushima.

Es gab auch Lieder von der Bühne. Ältere und ein neues: über den Oberst Klein, den Militarschlag in Kunduz.

Eine Rede habe ich verpasst wegen folgender Begegnung: Wieder bin ich mit einem Pfandflaschen und -dosensammler ins Gespräch gekommen. Er hat sehr kritisch über die anwesenden Grünen und SPDler gesprochen, insbesondere weil sie die Kriegseinsätze mittragen. Eines hat er bei den Grünen als positiv genannt: dass sie das Dosenpfand initiiert haben. Logisch, schließlich bestreitet er mit dem Sammeln von Dosen und Flaschen seinen Lebensunterhalt. Er hatte einmal zur Linken gefunden, ist von dort aber wieder weggegangen. Dann hat er mir erzählt, welche Partei er noch für wählbar hält: die FDP und die Rechten. Ich habe ihn gefragt, ob er dass ironisch meine. Nein, er meint es ernst, hat er mir geantwortet. Das liegt die Logik ja auf der Hand, warum er nicht in Die Linke gepasst hat. Es ist schon nachdenkenswert, wenn jemand die FDP und die Rechten den Grünen und der SPD vorzieht.

Das Ganze hat mich verstärkt über meinen politischen Weg nachdenken lassen, mein Wechseln von grün zu links: weil die Grünen sich verdreht haben, während meine grundlegende Haltung sich nicht verändert hat. Was mir in den 80ern Die Grünen vertreten haben, vertritt mir im 21. Jahrhundert Die Linke: gegen Krieg, Aufrüstung, Atomkraft und Sozialabbau.

Nach der Kundgebung fand in der Kirche ein Friedensgebet statt, zu dem ich aber nicht gegangen bin. Mir liegt Beten nicht so.

Nachdenken liegt mir mehr, und da verknüpft sich einiges: Der historische Abriss des Redners, damals der Protest gegen den Vietnamkrieg, heute abend lese ich im Videotext: "NATO: Bomben auf Tripolis". Damals das Attentat auf Rudi Dutschke, das die bewegten Menschen geschockt hat, am Donnerstags eine Mahnwache, weil vor dann genau einem Jahr ein Neonazi einen Deutschkurden in Nürnberg fast totgeschlagen hat. Fast das 150. Todesopfer rechtsextremer Gewalt in der Groß-BRD, und die Rechten seien für ihn wählbar, erzählt mir derjenige, der sozial schon ganz unten ist. Und der Westen bombt seit Jahrzehnten Demokratie und Freiheit herbei. Was nutzt in dieser kaputten Welt das Beten?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Red Bavarian

Die Vergangenheit analysieren, die Gegenwart gestalten, die Zukunft erdenken.

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