Döpfner vs Huffington oder ein Streit, der keiner ist

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Anlässlich des Media Forums in Monaco haben Matthias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, und Arianna Huffington, Gründerin und Chefredakteurin der Huffington Post, über das Netz, die Nachrichten und die Frage geredet, wer das alles bezahlen soll. Also über alles.

Das war ein lustiges Gespräch. Weil Döpfner Recht hat (Nachrichten dürfen im Netz nicht kostenlos sein). Und Huffington auch (Für gute Nachrichten gibt es auch im Netz weiterhin Geld). Und eigentlich haben auch beide am Anfang des Gesprächs die Grundlagen für diese gemeinsame Sicht der Dinge gelegt - durch die Erkenntnis, dass die traditionelle Welt des Journalismus durch die neue Welt des Bloggens ergänzt werde, nicht ersetzt. Dennoch gaben sie sich dann ziemlich viel Mühe, noch so etwas wie Gegensätze zu erzeugen. Es ist zwar kaum überraschend, dass in der Blogger-Szene Döpfner als der Verlierer des Gesprächs bezeichnet wurde, und Huffington als die Siegerin. Aber dieser Eindruck beruht auf einem Missverständnis.

Huffington ist charmanter und wortgewandter und es ist lustig mitzuerleben, wie sie den elegischen Döpfner anlächelt und ziemlich kalt sagt: "I am sorry to say that even though you are incredibly convincing, you are going to be incredibly wrong." Und Döpfner spart auch gar nicht mit Selbstkritik an der Welt, für die er steht: er sagt, es handele sich zur Zeit nicht um eine Krise der Medien - sondern um eine des Journalisms. Das ist bemerkenswert. Soweit wollen die meisten Beobachter bislang gar nicht gehen. Aber der Springer-Chef gibt den vielen Kritikern aus der Netz-Szene Recht, die den traditionellen Medien vorwerfen, ihre eigenen Qualitätsmaßstäbe vergessen zu haben. Das ist eine Ansicht, die wir hier auch in der Community sehr oft hören.

Und dennoch: Döpfner saß dort als Chef eines Unternehmens, das über 10 000 Mitarbeiter beschäftigt und im Jahr 2007 2,578 Milliarden Euro Umsatz machte (Wikipedia-Zahlen). Er war einmal Journalist. Er ist jetzt Konzernlenker. Huffington beschäftigt 80 Mitarbeiter und veröffentlicht zur Zeit noch keine Zahlen. Sie steht für ein neues Prinzip in den Medien, für eine neue Art Nachrichten zu erzeugen und zu vervielfältigen. Er steht für einen Wirschaftszweig, für eine Institution, mit sehr weit gefächterten Interessen, Engagements, Verwicklungen. Es ist, streng genommen, unsinnig, wenn sich die beiden an einen Tisch setzen.

Sie berichtet stolz, dass sie jetzt zehn investigative Reporter hat. Das sind zwar vermutlich immer noch zehn mehr als es im Springer Verlag gibt. Aber dennoch würde es bedeuten, alle Größen- und Wirkungsverhältnisse aus den Augen zu verlieren, wenn man die Gesetze, die für Huffington gelten, auf Springer anwenden wollte, wenn man die Nische, die sie gefunden hat, auf einen Großverlag übertragen wollte. Es fällt derzeit schwer sich vorzustellen, wie die gesellschaftliche Funktion des Journalismus allein aus dieser Nische heraus erfüllt werden sollte.

Darum waren sich ja auch Döpfner und Huffington einig, dass es beides braucht, herkömmliche Journalisten und Blogger. Und die herkömmlichen Journalisten müssen eben bezahlt werden. Allein aus Werbung wird man im Netz keine größeren Institutionen finanzieren können - vermutlich.

Sehen Sie selbst.



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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

Jakob Augstein

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